Die Bundesnetzagentur hat ihr Reformkonzept für faire Strom-Netzentgelte weiterentwickelt und neue Zahlen dazu veröffentlicht. Demnach soll es nun deutlich größere Entlastungen für belastete Regionen geben. Andererseits steigen auch die Umlagekosten für alle Stromkunden.
Die Reform für faire Strom-Netzentgelte kommt weiter voran. Die Bundesnetzagentur hat den Entwurf einer Festlegung veröffentlicht, über die sie im Spätsommer 2024 endgültig entscheiden will. Die damit möglichen Entlastungen sollen dann ab Jahresanfang 2025 wirken. Die Reform soll Stromkunden in den Regionen entlasten, in denen die Netzentgelte wegen des Stromnetz-Ausbaus für die erneuerbare Stromerzeugung besonders stark gestiegen sind. Dort sollen die Netzentgelte sinken. Auf der anderen Seite rechnet die Behörde mit überschaubaren zusätzlichen Kosten für alle Stromverbraucher in Deutschland. Das Konzept dafür hatte die Bundesnetzagentur im Dezember 2023 vorgestellt. Seitdem hat sie zahlreiche Stellungnahmen dazu ausgewertet und das ursprüngliche Modell weiterentwickelt. Demnach wären nun 26 Netzbetreiber berechtigt, ihre Mehrkosten, die durch den Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung entstanden sind, bundesweit zu verteilen. Sie erhalten einen finanziellen Ausgleich für diese Mehrkosten, die von der Bundesnetzagentur auch als „Wälzungsvolumen“ bezeichnet werden. Derzeit beziffert sie dieses Volumen beispielhaft mit 1,55 Milliarden Euro. Bei den mehrbelasteten Netzbetreibern könnten so die Netzentgelte um bis zu 39 Prozent sinken. Damit würden dort die Netzentgelte meist unter dem Bundesdurchschnitt liegen – und nur teilweise noch leicht darüber. Ein durchschnittlicher Haushalt mit einem jährlichen Stromverbrauch von 3.500 Kilowattstunden in diesen Netzgebieten könnte dadurch bis zu 200 Euro im Jahr sparen. Den finanziellen Ausgleich für die mehrbelasteten Netzbetreiber sollen alle Stromverbraucher bundesweit gleichmäßig bezahlen. Dabei will die Bundesnetzagentur den bestehenden Mechanismus der Umlage nach Paragraph 19 der Stromnetz-Entgeltverordnung nutzen. Die Umlage nach § 19 ist bereits ein Bestandteil des Strompreises. Sie dient bisher dazu, besonders große industrielle Stromverbraucher von Netzentgelten zu entlasten. Im laufenden Jahr 2024 wird sie von den Stromverbrauchern bereits mit 0,643 Cent pro Kilowattstunde bezahlt. Wenn es den finanziellen Ausgleich für die mehrbelasteten Netzbetreiber heute schon geben würde, wäre diese Umlage um weitere 0,605 Cent höher ausgefallen. Das hätte für den erwähnten Durchschnitts-Haushalt zusätzliche Kosten von 21 Euro pro Jahr bedeutet. Für Strom-Großverbraucher gilt dies nur eingeschränkt. Sie sollen weiterhin nur eine reduzierte Umlage nach § 19 zahlen. Demnach würde die Mehrbelastung für Industrie und sonstige Großverbraucher maximal 6.050 Euro im Jahr betragen. Alle diese neuen Zahlen zeigen eine steigende Tendenz. Im Dezember 2023 hatte die Bundesnetzagentur noch mit deutlich niedrigeren Werten gerechnet. Damals kamen zunächst nur 17 Netzbetreiber für eine mögliche Entlastung in Frage. Das Wälzungsvolumen wurde mit 608 Mio. Euro noch weniger als halb so hoch beziffert. Die mögliche Entlastung für einzelne Haushalte wurde niedriger eingeschätzt, und die §-19-Umlage sollte nur um 0,24 Cent steigen. Auch bei den Entlastungen nach Bundesländern haben sich Veränderungen ergeben. Nach dem aktuellen Stand werden weiterhin Netzbetreiber in Brandenburg am meisten entlastet – mit nunmehr 381 Mio. Euro. Auf den zweiten Platz hat sich Bayern mit 345 Mio. Euro vorgeschoben, das im Dezember 2023 noch an fünfter Stelle lag. Danach folgen Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen jeweils mit dreistelligen Millionenbeträgen. Zweistellige Entlastungen gibt es in Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg und weiteren vier Bundesländern. Netzentgelte sind mit durchschnittlich 27 Prozent ein wesentlicher Bestandteil des Strompreises für Haushalte. Die Betreiber von Strom-Verteilnetzen berechnen sie dafür, dass Strom durch ihre Leitungen von den Lieferanten zu den Kunden fließt. In den einzelnen Regionen sind die Netzentgelte sehr unterschiedlich hoch. In dünn besiedelten Gegenden des Nordens und Ostens wurden viele Solar- und Windparks errichtet. Um den dort erzeugten Strom transportieren zu können, mussten die Stromnetze ausgebaut werden. Die Kosten für diesen Ausbau fließen in die Netzentgelte ein, die Stromkunden mit ihren Verbrauchsrechnungen bezahlen. Wo es wenig Stromkunden mit geringem Verbrauch gibt, aber hohe Ausbaukosten entstanden sind, sind die Netzentgelte bisher besonders stark gestiegen. Nach Informationen der Bundesnetzagentur betragen die Netzentgelte in einigen Netzgebieten bis zu 15 Cent pro Kilowattstunde. In anderen liegen sie unter 5 Cent. Auch innerhalb einiger Bundesländer wie Bayern und Baden-Württemberg unterscheiden sich die Netzentgelte deutlich.
Hohe Netzentgelte sinken
Steigende Tendenz
Bisher große Unterschiede
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