Die Bundesnetzagentur will bis zum Jahresende einen ersten Vorschlag für die Reform der Strom-Netzentgelte vorlegen. Sie soll Stromkunden in den Ökostrom-Ausbauregionen entlasten. Sachsen-Anhalts Energieminister Willingmann hält es für möglich, dass es schon im nächsten Jahr eine Preisdämpfung gibt.

 

Hochspannungs-Stromleitung bei Leipzig. Archivfoto 2020: Stefan Schroeter

In der Diskussion um eine gerechte Verteilung der Kosten für den Stromnetz-Ausbau zeichnet sich eine Lösung ab. Darüber berichtete Sachsen-Anhalts Energieminister Armin Willingmann (SPD) gestern in Wernigerode nach einer Konferenz mit seinen Länderkolleginnen und Kollegen. Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, habe in Aussicht gestellt, bis zum Jahresende einen ersten Vorschlag dafür vorzulegen, wie die Stromnetz-Ausbaukosten gerechter verteilt werden können.

Dazu werde es Konsultationen und Beratungen geben, sagte Willingmann. Möglicherweise könne man schon im nächsten Jahr 2024 zu einem Ergebnis kommen. Das werde dazu führen, dass in den Ländern, in denen die Stromnetze besonders intensiv für erneuerbare Energien ausgebaut worden seien, eine preisliche Dämpfung eintrete.

Netzentgelte sind mit durchschnittlich 22 Prozent ein wesentlicher Bestandteil des Strompreises für Haushalte. Die Betreiber von Strom-Verteilnetzen berechnen sie dafür, dass Strom durch ihre Leitungen von den Lieferanten zu den Kunden fließt.

 

Regionale Unterschiede

In den einzelnen Regionen sind die Netzentgelte allerdings sehr unterschiedlich hoch. In dünn besiedelten Gegenden des Nordens und Ostens wurden viele Solar- und Windparks errichtet. Um den dort erzeugten Strom transportieren zu können, mussten die Stromnetze ausgebaut werden.

Die Kosten für diesen Ausbau fließen in die Netzentgelte ein, die Stromkunden mit ihren Verbrauchsrechnungen bezahlen. Wo es wenig Stromkunden mit geringem Verbrauch gibt, aber hohe Ausbaukosten entstanden sind, steigen die Netzentgelte besonders stark.

Davon betroffen sind vor allem die Ökostrom-Ausbauländer Schleswig-Holstein, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Hier sind die Netzentgelte für Haushaltskunden im bundesweiten Vergleich besonders hoch. In Bremen, Baden-Württemberg und Bayern sind sie besonders günstig.

 

Zustimmung mit Abgrenzung

Baden-Württembergs Energieministerin Thekla Walker (B90/G) sprach sich nun in Wernigerode auch dafür aus, die Netzausbau-Kosten für erneuerbare Energien gerechter innerhalb Deutschlands zu verteilen. Dabei wies sie darauf hin, dass es auch in ihrem Bundesland einzelne Landkreise gibt, die durch den Netzausbau für erneuerbare Energien mit hohen Netzentgelten belastet sind.

Gleichzeitig lehnte sie es deutlich ab, die Netzentgelt-Reform mit einer Aufteilung der Strompreis-Gebotszone zu verbinden. Eine solche Aufteilung wird seit Jahren in Fachkreisen diskutiert, mitunter auch in der deutschen und europäischen Politik. Hier geht es darum, dass der finanzielle Strombörsen-Großhandel derzeit in einer einheitlichen Preiszone für ganz Deutschland und Luxemburg stattfindet.

Diese finanzielle Handelspraxis steht in einem wachsenden Widerspruch zur technischen Wirklichkeit, die durch regionale Ungleichgewichte bei Stromerzeugung und -verbrauch geprägt ist. Dazu kommen Engpässe beim überregionalen Stromtransport.

Diese Engpässe gleichen die Netzbetreiber durch spezielle Maßnahmen für das Netzengpass-Management aus, die zunehmend kostspielig sind. Im vergangenen Jahr 2022 hatten sie den neuen Rekordstand von 4,25 Milliarden Euro erreicht. Auch diese Kosten werden auf die Netzentgelte umgelegt und von den Stromkunden bezahlt.

 

Preiszonen-Diskussion

Eine mögliche Lösung für den wachsenden Widerspruch zwischen finanziellem Stromhandel und technischer Wirklichkeit könnte sein, die einheitliche Preiszone in zwei oder mehr Preiszonen aufzuteilen. Dabei würden sich im Norden und Osten, wo es oft einen Strom-Überschuss gibt, wohl etwas niedrigere Strompreise einstellen.

In anderen Regionen könnten die Preise etwas steigen. Diese Idee trifft allerdings auf starken Widerstand in Bayern und inzwischen auch in anderen südlichen und westlichen Bundesländern.

Die Aufteilung der Preiszone hatte auch Willingmann noch vor einigen Monaten in die politische Diskussion gebracht und mit dem Thema der Netzentgelte verbunden. Nun zeigte er sich zufrieden damit, dass es gute Aussichten für gerechtere Netzentgelte gibt. Die Diskussion über die Preiszonen bezeichnete er deshalb als hinfällig.

 

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