Wieviel grüner Wasserstoff in Deutschland einmal gebraucht wird, hängt von seinen Einsatzbereichen ab. Wissenschaftler stellen sich dabei auf sehr unterschiedliche Szenarien ein.

 

Wasserstoff-Leitungen in einer Forschungsanlage. Symbolfoto: Stefan Schroeter

Die Zukunft des grünen Wasserstoffs lässt sich derzeit nur schwer vorhersagen. Welche Mengen des Kohlenstoff-freien Energieträgers und Rohstoffs in Deutschland einmal benötigt werden, können Experten derzeit nur mit einer sehr großen Bandbreite abschätzen. Darüber berichtete der Cottbuser Wissenschaftler Christoph Nolden gestern bei der Jahrestagung des Forschungsverbunds Erneuerbare Energien in Berlin.

Er leitet das Kompetenzzentrum für Erdgas-, Wasserstoff- & stoffliche Infrastrukturen an der Fraunhofer Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie, das am Wasserstoff-Forschungsprojekt Transhyde beteiligt ist. In diesem Leitprojekt des Bundes wird die Wasserstoff-Nachfrage, die bis zum Jahr 2050 zu erwarten ist, in fünf Szenarien betrachtet.

Demnach könnte es in einem Basis-Szenario eine Wasserstoff-Nachfrage von 400 Terawattstunden pro Jahr geben. In diesem Szenario werden große Mengen energieintensiver Vorprodukte wie Eisenschwamm, Ammoniak und Methanol für die Stahl- und Chemieindustrie nicht mehr in Deutschland produziert, sondern importiert. Der grüne Energieträger wird dabei hauptsächlich für industrielle Hochtemperatur-Anwendungen eingesetzt.

In einem zweiten Szenario werden diese Vorprodukte in Deutschland selbst produziert. Dazu sind schon mehrfach größere Mengen Wasserstoff notwendig als im Basis-Szenario. In den nächsten zwei Szenarien kommen weitere Mengen für die Prozessdampf-Bereitstellung in der Industrie, für LKW im Fernverkehr und für Pkw hinzu.

Im fünften Szenario wird Wasserstoff auch noch dezentral für die Energieversorgung von Gebäuden eingesetzt. Für diesen Fall rechnet Nolden mit einem jährlichen Bedarf von 2.700 Terawattstunden – also dem Sechsfachen des Basisbedarfs. Er weist darauf hin, dass mit dieser enormen Bandbreite auch gewisse Unsicherheiten verbunden sind, wenn es um den Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur geht.

 

Wechselwirkungen mit Strom und Kohlendioxid

Der Wissenschaftler sieht auch noch weitere Wechselwirkungen. Wenn grüne Vorprodukte weiter in Deutschland produziert werden sollen, sind dafür nicht nur große Mengen Wasserstoff, sondern auch große Mengen Strom notwendig.

Dazu kommt der künftige Umgang mit Kohlendioxid. Abscheidung, Speicherung, Transport und Nutzung dieses Gases gelten als notwendige Techniken, um bestimmte Bereiche der Wirtschaft klimaneutral zu gestalten.

Für Transport und Speicherung von Kohlendioxid kommen grundsätzlich auch bestehende Leitungen und Speicher in Frage, die bisher für Erdgas genutzt werden. Die gleiche Infrastruktur kann künftig allerdings auch für Wasserstoff verwendet werden. Hier würden die beiden Stoffe in einem gewissen Wettbewerb zu einander stehen, sagte Nolden. Diese Fragen seien derzeit Gegenstand von Forschungsarbeiten.

Grüner Wasserstoff wird aus erneuerbaren Energien und Wasser hergestellt und gilt als klimafreundlicher gasförmiger Energieträger und Rohstoff. Bisher kann er nur mit kleinen Anlagen und in geringen Mengen produziert werden. Die Preise sind noch hoch und der Transport ist schwierig. Politik und Wirtschaft arbeiten derzeit daran, größere Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff und Leitungsnetze aufzubauen.

 

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