Bilanzbericht - ergänzt. Die Stromproduktion in eigenen Kraftwerken hat sich im Krisenjahr 2022 als Stabilitätsfaktor bewährt. Nun sollen auch die hohen Strom- und Gaspreise in der Grundversorgung wieder sinken. Ein großes Ziel gibt es für die Dekarbonisierung der Fernwärme.

HKW Leipzig Süd gross

Das Heizkraftwerk Leipzig-Süd ging im Dezember 2022 in Betrieb. Foto: Stefan Schroeter


Die SWL Stadtwerke Leipzig haben ihren Nettogewinn wieder deutlich angehoben. Für das vergangene Geschäftsjahr 2022 weisen sie nun 83,6 Millionen Euro Gewinn nach Steuern aus. Das sind 12 Mio. Euro mehr als im Jahr zuvor. SWL erwirtschaftet regelmäßig hohe Gewinne, die traditionell vollständig an die stadteigene Muttergesellschaft LVV Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft ausgeschüttet werden.

 

LVV gleicht damit überwiegend die Verluste der LVB Leipziger Verkehrsbetriebe aus, die nun schon seit drei Jahren besonders große Schwierigkeiten bewältigen müssen. Dieser Verlustausgleich geht auf einen schon lange zurückliegenden Beschluss des Stadtrates zurück.

 

Welche Gewinne die Stadtwerke für ein Jahr ausweisen können, hängt zum einen von der jeweiligen Geschäftsentwicklung ab. Eine andere wichtige Einflussgröße ist, welche Rückstellungen das Unternehmen für verschiedene Zwecke bilden und auflösen kann.

 

Die Energiepreiskrise und die Gasmangellage des Jahres 2022 waren für SWL wie für alle Energieunternehmen mit großen Herausforderungen verbunden. Das Unternehmen musste hohe Einkaufspreise des Großmarktes mit Preiserhöhungen an seine eigenen Endkunden weitergeben.

 

Eigene Stromerzeugung

Gleichzeitig hat die starke Strom-Nachfrage allerdings auch dazu geführt, dass die Stromerzeugung in den eigenen Kraftwerken besonders gut ausgelastet war. Sie stieg um 38 Prozent auf 597 Gigawattstunden. Es sei wichtig gewesen, den Strom mit eigener Erzeugungskapazität am Markt verkaufen zu können, sagte LVV-Geschäftsführer Volkmar Müller.

 

Die beiden Biomasse-Heizkraftwerke in Bischofferode und Piesteritz erwiesen sich dabei als wichtiger Stabilitätsfaktor, weil die Preise für den Brennstoff Holz weniger stark stiegen als für den Brennstoff Gas, den SWL für seine Gaskraftwerke braucht. Beide Biomasse-Kraftwerke hat SWL inzwischen aus den vorher bestehenden Leasingverträgen herausgekauft und besitzt sie jetzt selbst. Das Kraftwerk Piesteritz hat SWL dabei erst im Vorjahr erworben – gerade zum richtigen Zeitpunkt, wie Müller anmerkte.

 

Unauffällige Gewinnfaktoren

Neben der Geschäftsentwicklung wird die Gewinnsituation auch stark von zwei eher unauffälligen Faktoren bestimmt. Dabei handelt es sich um die „sonstigen betrieblichen Erträge“ und „sonstigen betrieblichen Aufwendungen“.

 

Die „sonstigen betrieblichen Erträge“ fielen diesmal mit 37,2 Mio. Euro zwar etwas geringer aus als im Vorjahr, als sie bei 46,3 Mio. Euro lagen. Ihr Einfluss auf die Gewinnsituation bleibt allerdings immer noch sehr beachtlich. Worum es sich dabei handelt, wird im Jahresabschluss sehr knapp damit erklärt, dass sie überwiegend „Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen“ betreffen.

 

Auf Anfrage teilten die Stadtwerke dazu mit:

„Die Auflösung von Rückstellungen aus Vorjahren … steht im Jahresabschluss 2022 unserer Stadtwerke insbesondere mit der Beendigung des Leasingvertrages des Biomasseheizkraftwerkes in Piesteritz, beendeten Rechtsstreitigkeiten und ungewissen Verbindlichkeiten bzw. ausstehenden Rechnungen in Zusammenhang.“

 

Bei den „sonstigen betrieblichen Aufwendungen“ fällt auf, dass sie gegenüber dem Vorjahr um 17 Mio. Euro auf 108 Mio. Euro gestiegen sind. Worauf dieser deutliche Anstieg zurückzuführen ist, geht aus dem Jahresabschluss zunächst nicht hervor.

 

Ebenfalls auf Anfrage teilten die Stadtwerke dazu mit:

„Der Anstieg gegenüber dem Vorjahr resultiert insbesondere aus steigenden Aufwendungen aus Dienstleistungsverträgen, Wertberichtigungen und Anlagenabgängen.“

 

Dass sich der Umsatz des Unternehmens auf 3,71 Milliarden Euro fast verdoppelte, liegt vor allem am stark gestiegenen Preisniveau im Energie-Großhandel. Hier betreibt SWL einen eigenen Handel mit Strom, Gas und Emissionszertifikaten. Im Endkundenmarkt für Strom, Gas und Fernwärme wuchs der Umsatz dagegen nur um neun Prozent auf 442 Mio. Euro.

 

Strompreise sinken zuerst

Die Geschäfte laufen also trotz aller Schwierigkeiten gut, der Gewinn wächst deutlich, und inzwischen hat sich auch die allgemeine Situation auf den Energiemärkten wieder entspannt. Da reift die Frage heran, ob das stadteigene Unternehmen nun auch die hohen Preise für die meisten Endkunden senken kann.

 

Bei seinen Online-Produkten „L-Strom pur“ und „L-Strom Gas“ bietet SWL immerhin schon seit März relativ günstige Preise, die unter der „Energiepreisbremse“ der Bundesregierung liegen. Sie sind allerdings nur für einen besonders aktiven Teil der Kundschaft geeignet.

 

SWL- und LVV-Geschäftsführer Karsten Rogall kündigte nun auch eine Preissenkung für die Strom-Grundversorgung an. Hier soll ab 1. August der Brutto-Arbeitspreis von derzeit 52,12 Cent pro Kilowattstunde auf 39,40 Cent. Das liegt dann knapp unter dem Wert der „Energiepreisbremse“ von 40 Cent. Der jährliche Brutto-Grundpreis von 167,65 Euro bleibt unverändert.

 

Für die Gas-Grundversorgung sagte Rogall noch keine konkrete Preissenkung zu, sondern deutete sie eher an: Er gehe davon aus, dass die Gaspreise mit Beginn der Heizperiode ebenfalls sinken werden.

 

Fernwärme dekarbonisieren

Die eigenen Kraftwerke haben SWL offenbar gut dabei geholfen, das Krisenjahr 2022 erfolgreich zu meistern. Zuletzt hat das Unternehmen diese Erzeugungsstruktur auch noch weiter ausgebaut: Das Gas-Heizkraftwerk Nord wurde noch einmal modernisiert, und das neue HKW Süd ging im Dezember in den Betrieb.

 

Rogall zufolge kann hier dem Brennstoff Erdgas auch ein Anteil von 30 Prozent Wasserstoff beigemischt werden. Ein Forschungsprojekt zielt darauf, diesen Anteil in einigen Jahren sogar auf 100 Prozent zu steigern. Derzeit wird allerdings noch kein Wasserstoff eingesetzt. Wenn künftig einmal grüner Wasserstoff in ausreichenden Mengen und zu vertretbaren Preisen verfügbar sein sollte, könnte das HKW Süd eine wichtige Rolle für eine klimaneutrale Energieversorgung in Leipzig spielen.

 

Für die Fernwärme kündigte der Geschäftsführer einen weiteren Ausbau an, der von einer Dekarbonisierung begleitet werden soll. Letzteres heißt, dass die fossilen Energieträger Braunkohle und Erdgas, die bisher zur Fernwärme-Erzeugung dienen, schrittweise von erneuerbaren Energien abgelöst werden. Ein erster Schritt dazu ist eine große Solarwärme-Anlage in Leipzig-West, die zum Jahresanfang 2025 in Betrieb gehen und dann zwei Prozent der Leipziger Fernwärme liefern soll.

 

Eine weitere große Solarwärme-Anlage in Leipzig-Süd, die Einbindung industrieller Abwärme und einige andere Projekte sollen folgen. Rogall zufolge könnten damit bis zum Jahr 2027 sogar schon 40 Prozent der Leipziger Fernwärme dekarbonisiert werden.

 

Derzeit wird die Leipziger Fernwärme allerdings noch zu einem großen Teil aus dem Braunkohle-Kraftwerk Lippendorf zugeliefert. Den Bezugsvertrag hatte SWL zunächst bis zum Jahr 2025 verlängert. Rogall zufolge wurden die Lieferungen deutlich reduziert. Eine konkrete Aussage dazu, ob Lippendorf im vorigen Jahr 2022 mehr oder weniger als die Hälfte der Leipziger Fernwärme geliefert hat, wollte er nicht machen.


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