Mit kleinen Solaranlagen am Balkon können Stadtbewohner selbst klimafreundlich Strom erzeugen. Mieter sind dabei auf Angebote oder zumindest die Zustimmung ihrer Vermieter angewiesen. Wohnungseigentümer können mehr selbst entscheiden und damit auch schneller Fördermittel abrufen.
Solarbalkons sind die Spezialität eines neuen Mehrfamilienhauses in Leipzig. Fast alle Mieter erzeugen hier selbst Solarstrom und nutzen ihn für den eigenen Haushalt. Vermieterin ist die LWB Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft. Sie hat alle 18 Balkons des Neubaus mit je einem Solarmodul ausrüsten lassen. Seine Spitzenleistung liegt bei 310 Watt peak. Die Mieter konnten selbst entscheiden, ob sie ihr Modul anschließen lassen und nutzen können. Dabei entstehen für sie keine Kosten. Auch den erzeugten Solarstrom können sie kostenlos nutzen. Wie LWB auf Anfrage mitteilte, haben sich 17 der 18 Mietparteien dafür entschieden. Die Wohnungsgesellschaft hat dieses Projekt ohne Fördermittel umgesetzt, als freiwillige Investition in grüne Projekte und „Klimaersatzmaßnahme“. Damit gleicht sie Kohlendioxid-Emissionen aus. Auch in anderen Wohnhäusern will sie Mieterinnen und Mieter unterstützen, die Balkonkraftwerke anbauen wollen. Auf Anfrage prüft LWB, ob der jeweilige Balkon für eine solche Solaranlage geeignet ist. Bisher hat die Gesellschaft 41 konkrete Anfragen dazu erhalten. Dann werden technische und andere Fragen geklärt. Wenn alle erforderlichen Voraussetzungen aus LWB-Sicht erfüllt sind, schließt sie mit dem Mieter eine Vereinbarung ab. Bisher haben sich vier Mietparteien auf diesem Weg für eine Balkon-Solaranlage entschieden. In der Vergangenheit sind Mieterinnen und Mieter, die selbst Solarstrom auf ihren Balkons erzeugen wollten, auch schon einen weniger geregelten Weg gegangen: Sie haben Solaranlagen installiert, ohne eine Vereinbarung abzuschließen. Wo die Wohnungsverwalter das bei ihren Kontrollgängen festgestellt haben, soll die Vereinbarung nachgeholt werden. Lange Zeit war es für alle deutschen Stadtbewohner sehr schwierig, ihre Balkons mit kleinen Solaranlagen auszurüsten und dabei alle umfangreichen Regeln und komplizierten Vorschriften einzuhalten. Deshalb haben sich die netzgekoppelten Mini-Anlagen zunächst als „Guerilla-Solaranlagen“ verbreitet, die von ihren Nutzern weder beim Stromnetz-Betreiber noch beim Vermieter angemeldet wurden. Mit der Energiepreiskrise und der immer deutlicher spürbaren Klimakrise haben die Mini-Solaranlagen in den vergangenen zwei Jahren einen enormen Aufschwung erlebt. Sie boten eine Lösung gegen steigende Stromkosten und eine Möglichkeit für Stadtbewohner, sich mit umweltfreundlicher Stromerzeugung selbst am Klimaschutz zu beteiligen. Der Absatz der kleinen Stromerzeuger wuchs explosionsartig, obwohl es immer noch zahlreiche technische und rechtliche Hindernisse für ihren breiten Einsatz gab und weiterhin gibt. Politiker und Stromnetz-Betreiber erkannten die Notwendigkeit, diese Hindernisse abzubauen. Städte und Bundesländer legten Förderprogramme auf, um die populäre Technik auch für weniger finanzstarke Haushalte erschwinglich zu machen. Bei den Förderprogrammen zeigte sich bald, dass Mieterinnen und Mieter die verfügbaren Zuschüsse eher zögerlich in Anspruch nahmen. Wohnungseigentümer, die ihre Wohnungen selbst nutzen, riefen die Fördergelder deutlich schneller ab. Ein Beispiel dafür ist das Balkonsolar-Förderprogramm in Sachsen. Seit Ende August 2023 konnten Mieter und selbst nutzende Wohnungseigentümer hier Anträge für eine Förderung von jeweils 300 Euro stellen. Für die beiden Gruppen konnten in zwei Fördertöpfen jeweils 2,75 Mio. Euro vergeben werden. Die Eigentümer machten davon sehr schnell regen Gebrauch: Schon Anfang November hatten sie ihren Fördertopf mit etwa 9.000 bewilligten Anträgen ausgeschöpft. Der Mietertopf war dagegen Anfang Februar 2024 mit 2,19 Mio. Euro Fördergeld weiterhin gut gefüllt. Damit konnten noch 7.304 Anträge bewilligt werden. Das zuständige sächsische Energie- und Klimaschutzministerium führt diesen Geschwindigkeits-Unterschied darauf zurück, dass Mieterinnen und Mieter die Zustimmung ihrer Vermieterinnen und Vermieter einholen müssen, um Balkonkraftwerke einzurichten. Deshalb benötigen sie in der Regel mehr Zeit für ihre Vorhaben als Eigentümerinnen und Eigentümer. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich in Mecklenburg-Vorpommern. Hier hatte das Klimaschutzministerium schon im November 2022 ein Förderprogramm für solare Balkonkraftwerke aufgelegt. Dabei wurden die kleinen Anlagen mit bis zu 500 Euro und maximal 50 Prozent der Kosten gefördert. Für Wohnungseigentümer waren insgesamt drei Millionen Euro Fördermittel vorgesehen. Sie waren im August 2023 mit 6.000 genehmigten Anträgen ausgeschöpft. Mieterinnen und Mieter haben dagegen auch bis Ende Februar 2024 erst 2.423 Förderanträge gestellt. Davon wurden 2.314 Anträge mit 1,2 Millionen Euro Fördergeld bewilligt. Für diese Gruppe waren insgesamt sechs Millionen Euro bereitgestellt worden, von denen bisher nur ein kleiner Teil abgerufen wurde. Auch hier ist also ein deutlicher Geschwindigkeits-Unterschied zwischen der Gruppe der Mieter und der Gruppe der Eigentümer zu beobachten. Der Landes-Klimaschutzminister Till Backhaus hatte schon im Januar 2023 festgestellt, dass es für viele Mietende eine Hürde darstellt, bei ihren Wohnungseigentümerinnen und Eigentümern das Einverständnis für ein Balkonkraftwerk einholen zu müssen. Deshalb mahnte er die Vermieterinnen und Vermieter, ihren Widerstand aufzugeben und die Energiewende an der Hausfassade zu ermöglichen. Einen etwas anderen Weg ging die Berliner Senatsverwaltung mit ihrem Förderprogramm. Es war ab Februar 2023 zunächst nur auf Mieterinnen und Mieter ausgerichtet. Sie können hier bis zu 500 Euro Förderzuschuss für eine Balkon-Solaranlage erhalten. Das verfügbare Fördergeld von 7 Mio. Euro reicht für 14.000 Anträge. Bis Oktober 2023 wurden zunächst 3.000 Anträge bewilligt. Zu diesem Zeitpunkt entschied sich die Senatsverwaltung, das Programm auch für Eigentümerinnen und Eigentümer von selbstgenutztem Wohneigentum und für Pächterinnen und Pächter von Klein- und Erholungsgärten zu öffnen. Wie die Verwaltung kürzlich auf Anfrage mitteilte, konnten für die Wohnungseigentümer bislang 1.891 Anträge bewilligt werden. Die Kleingärtnerinnen waren mit 197 Bewilligungen dabei. Und bei den Mietern kamen seit Oktober noch 428 bewilligte Anträge hinzu. Aus diesen Zahlen geht hervor, dass auch in Berlin die selbstnutzenden Wohnungseigentümer schneller als die Mieter dabei sind, die Fördermittel abzurufen. Der Geschwindigkeits-Unterschied zwischen diesen beiden Gruppen ist hier allerdings viel weniger deutlich ausgeprägt als in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Ein Grund dafür könnte darin liegen, dass es in Berlin schon Anbieter von Balkonsolaranlagen wie die Sonnenrepublik gibt. Sie hat mit einer kleinen Wohnungsgenossenschaft vereinbart, neu gebaute Mehrfamilienhäuser im Möckernkiez mit der Solartechnik auszurüsten. Die Genossenschaft habe dafür nur moderate Auflagen erteilt, berichtete Geschäftsführer Oliver Lang kürzlich bei einer Veranstaltung des Berliner Solarzentrums. So konnte die Sonnenrepublik hier 75 Balkonkraftwerke bei den Mietern installieren lassen. Die Kosten bezifferte Lang mit 600 bis 1.200 Euro pro Anlage, die durch den Berliner Förderzuschuss auf 100 bis 700 Euro abgesenkt wurden. Damit würden die Anlagen sich in fünf bis zehn Jahren rechnen. Inzwischen ist die Sonnenrepublik auch mit einer großen Berliner Wohnungsgesellschaft im Gespräch, um ein ähnliches Modell in einem deutlich größeren Maßstab umzusetzen.Mittel gegen Energiepreis- und Klimakrise
Schnelle Eigentümer in Sachsen
Energiewende an der Hausfassade ermöglichen
Der Berliner Förderweg
Kooperation im Möckernkiez
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