In der Landwirtschaft und im Gebäudebestand gibt es große Flächen, die für die Produktion von Sonnenstrom genutzt werden könnten. Die Entwicklung von Agri- und Bauwerksintegrierter Photovoltaik steht allerdings bisher noch am Anfang.
Solarfassade an einem Produktionsgebäude in Dresden. Archivfoto 2008: Stefan Schroeter
In der mehrfachen Nutzung von Flächen sehen Wissenschaftler große Möglichkeiten, die Solarstrom-Produktion künftig stark auszubauen. Landwirtschaftliche Flächen, Gebäude, Parkplätze und andere schon genutzte Flächen könnten gut mit Solarstrom-Anlagen nachgerüstet werden. Darüber berichtete Harry Wirth, Bereichsleiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE, am 28. April 2021 bei einer Online-Veranstaltung der Berliner Energietage. Das technische Potenzial für diese integrierte Fotovoltaik in Deutschland bezifferte er mit einer Spitzenleistung von insgesamt 3.000 Gigawatt peak.
Zum Vergleich: Zum Jahresende 2020 waren bundesweit zwei Millionen Solarstrom-Anlagen mit insgesamt 54 GWp installiert. ISE rechnet damit, dass bis zum Jahr 2050 eine Solarleistung von insgesamt 400 bis 500 GWp aufgebaut werden muss, um die Ziele der Energiewende zu erreichen.
Wirth wies zugleich darauf hin, dass das ermittelte technische Potenzial noch durch eine Fülle anderer Faktoren eingeschränkt wird. Dazu zählt er nicht nur den jeweiligen Rechtsrahmen, die Kosten und die vorhandene Infrastruktur, sondern auch Akzeptanz, Ökologie und die Konkurrenz mit anderen Anwendungen.
Schutz vor Hitze und Hagel
Wenn schon genutzte Flächen zusätzlich mit Solaranlagen ausgerüstet werden, ermöglicht das nicht nur mehr Sonnenstrom-Produktion, sondern bringt im besten Fall auch weitere Vorteile. So kann die Agri-Photovoltaik auf landwirtschaftlichen Flächen dem Klimawandel entgegenwirken: Die Module spenden Schatten und schützen die Pflanzen vor Hitze und Trockenheit oder auch vor Hagel und Starkregen. Bei der Agri-PV ist auch das technische Potenzial mit 1.700 GWp besonders groß. In Deutschland sind allerdings bisher nur kleinere Pilotprojekte bekannt. Erfahrungen mit größeren Anlagen soll es bereits in Ländern wie Belgien, Italien, Japan und Niederlande geben.
Ein großes technisches Potenzial hat ISE auch für die Bauwerksintegrierte Photovoltaik (BIPV) mit insgesamt 1.000 GWp ermittelt. Hier werden Solarmodule vor allem als stromerzeugende Fassaden- und Brüstungselemente genutzt. Bisher sei der Markt dafür noch sehr klein, berichtete Gruppenleiter Tilmann E. Kuhn. Er rechne in den nächsten Jahren aber schon mit einem starken Wachstum. In fünf bis zehn Jahren werde es selbstverständlich sein, dass Baumaterialien eine Solarfunktion haben.
Der breite Einsatz von BIPV-Lösungen wird allerdings auch durch das bestehende Bau- und Energierecht erschwert. Darauf wies Maria Roos hin, Referentin im Bundesverband Solarwirtschaft. Sie hält es für notwendig, die baurechtlichen Anforderungen an Fotovoltaik-Fassaden zu vereinfachen und die Eigenversorgung mit Energie zu erleichtern. Das gerade überarbeitete Gebäudeenergie-Gesetz sieht sie eigentlich als Hebel für eine Solarisierung des Gebäudebestands und von Neubauten. Die Gelegenheit dazu sei aber nicht genutzt worden.