Kommentar: Bis zum Jahr 2038 sollen alle deutschen Kohlekraftwerke stillgelegt werden. Ob das den Klimaschutz voranbringt, hängt allerdings noch von weiteren Entscheidungen der Bundesregierung ab.

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Das Braunkohle-Kraftwerk Lippendorf soll im Jahr 2035 stillgelegt werden. Foto: Stefan Schroeter


Das Kohleausstiegs-Gesetz wurde im Juli vom Bundestag verabschiedet, im August trat es in Kraft. Doch welchen Beitrag der Ausstieg aus der Kohleverstromung bis zum Jahr 2038 tatsächlich zum Klimaschutz leisten kann, ist noch nicht endgültig geklärt. Denn das Gesetz lässt der Bundesregierung einigen Spielraum dafür, wieviel Treibhausgas-Emissionszertifikate nach der Stilllegung von Kohlekraftwerken gelöscht werden sollen.

 

Die Menge dieser Zertifikate, die im Emissionshandels-System der Europäischen Union frei handelbar sind, begrenzt den Treibhausgas-Ausstoß von Energiewirtschaft und Industrie. Werden Kohlekraftwerke stillgelegt, aber nicht alle Zertifikate gelöscht, die bis dahin ihren Treibhausgas-Ausstoß erlaubt haben, kann sich dieser Ausstoß von den stillgelegten Kraftwerken zu den noch aktiven Anlagen verlagern. Diese Verlagerung haben Agora Energiewende und Öko-Institut bereits im Juli 2018 als „Wasserbett-Effekt“ beschrieben.

 

Eine Regelung im Kohleausstiegs-Gesetz ermöglicht es zwar, frei werdende Emissionszertifikate zu löschen. Dabei geht das Gesetz allerdings davon aus, dass ein Teil der frei werdenden Zertifikate dem Markt ohnehin schon durch eine gerade neu eingeführte „Marktstabilitätsreserve“ entzogen wird und deshalb nicht mehr gelöscht werden muss. Welche Menge an frei gewordenen Zertifikaten dann tatsächlich noch gelöscht werden wird, soll für das jeweils vorangegangene Kalenderjahr ermittelt und durch Beschluss der Bundesregierung festgestellt werden.

 

Die erste Kraftwerksstilllegung laut Kohleausstiegs-Gesetz soll zum Jahresende 2020 erfolgen. Danach kann also der Entscheidungsprozess dafür beginnen, wieviel frei gewordene Zertifikate gelöscht werden sollen.

 

Über die finanziellen Dimensionen des Kohleausstiegs ist bisher bekannt, dass die Bundesregierung für die Stilllegung von Braunkohle-Kraftwerken insgesamt 4,35 Mrd. Euro an die Betreiber Leag und RWE zahlen soll. Hinzu kommen Entschädigungen für die Betreiber von Steinkohle-Kraftwerken, die noch durch Ausschreibungen ermittelt werden. Außerdem gibt es 40 Mrd. Euro Strukturhilfen für die Braunkohle-Regionen. Das sind gewaltige Ausgaben, die den Klimaschutz voranbringen sollen. In welchem Maß sie diese Aufgabe tatsächlich erfüllen können, muss sich noch zeigen.


Lesen Sie dazu auch einen ausführlichen Bericht auf Telepolis:

Kohleausstieg möglichst ohne Wasserbett-Effekt


 


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