Deutsche Anlagenbauer liefern bereits größere Biokohle-Anlagen ins Ausland. In der Heimat können sie bisher nur kleinere Pilot- und Demonstrationsprojekte umsetzen, weil sich die großen Entsorgungsunternehmen bei der neuartigen Technik noch zurückhalten.

HTC Halle gross

Die HTC-Demonstrationsanlage in Halle/Saale steht vor einem Neustart. Archivfoto 2014: Stefan Schroeter


Die Produktion von Biokohle aus wässriger Biomasse steckt immer noch in den Anfängen. Darüber berichtete der Biomasse-Experte Marco Klemm gestern beim Fachforum Hydrothermale Prozesse (HTP) in Leipzig. Weltweit würden derzeit etwa 50.000 Jahrestonnen Biomasse-Trockenmasse in HTP-Anlagen verarbeitet, sagte der Arbeitsgruppenleiter des DBFZ Deutschen Biomasse-Forschungszentrums. Größere Anlagen gebe es derzeit in China, Großbritannien und Spanien. Die Technik dafür werde zwar von deutschen Anlagenbauern entwickelt und geliefert. In ihrer Heimat hätten sie aber bisher nur kleinere Pilot- und Demonstrationsanlagen errichten können, mit einer gesamten Verarbeitungskapazität von weniger als 10.000 t. Dass sie hierzulande noch keine größeren HTP-Anlagen bauen konnten, führte Klemm auf juristische und administrative Hindernisse zurück.

 

Bei der Karbonisierung durch hydrothermale Prozesse – auch Hydrothermale Carbonisierung genannt (HTC) – wird stark wasserhaltige Biomasse wie Klärschlamm, Grünschnitt oder Gärreste aus Biogasanlagen unter erhöhten Drücken und Temperaturen zu Biokohle verarbeitet. Diese Karbonisierung ahmt in wenigen Stunden die erdgeschichtliche Entstehung von Kohle nach, die mehrere Millionen Jahre gedauert hatte. Die so gewonnene Biokohle kann als Brennstoff zur Strom- und Wärmeerzeugung oder als Rohstoff in der Chemieindustrie und anderen Wirtschaftszweigen genutzt werden.

 

Die Menge der Einsatzstoffe, die sich in Deutschland für die HTP-Karbonisierung eignen, bezifferte DBFZ-Geschäftsführer Michael Nelles mit jährlich 18 Millionen Tonnen Trockenmasse. Ein großer Teil davon werde bisher noch nicht oder nur auf einem niedrigen technischen Niveau genutzt. Besonders bei der Klärschlamm-Behandlung, die in den nächsten Jahren neu verteilt werde, könne HTC sehr viel leisten.

 

Nelles wies darauf hin, dass sich die großen deutschen Entsorgungsunternehmen bisher mit dem Bau der neuartigen HTP-Anlagen zurückhalten. In der Klärschlammbehandlung seien kleine und mittelgroße Unternehmen unterwegs. Deshalb seien viele interessante Lösungen noch nicht in der Praxis angekommen. „Da würde ich mir wünschen, dass wir in Deutschland einfach mehr Mut haben, jetzt auch die entsprechenden Demonstrationsanlagen zu bauen“, sagte der DBFZ-Geschäftsführer.

 

Mitunter ist ein langer Atem nötig, um die neuartige Technik zum Laufen zu bringen. So hatten die Stadtwerke Halle schon im Jahr 2013 eine HTC-Demonstrationsanlage in Betrieb genommen, danach aber jahrelang mit technischen Schwierigkeiten zu kämpfen. Wie Klemm jetzt berichtete, soll bei diesem Projekt nun ein Neustart mit bisherigen und neuen Partnern erfolgen, um die Anlage in den Dauerbetrieb zu überführen.


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