Die umstrittenen tschechisch-britischen Neueigentümer von Vattenfalls Braunkohlegeschäft verwalten ihre Anteile über mehrere Zweckgesellschaften in drei Ländern. Unklar bleibt, wozu dabei das Steuerparadies Zypern eingebunden wurde, und welche Rolle der tschechische Milliardär Kellner wirklich spielt.
Für die Lausitzer Braunkohleunternehmen werden zwei Monate nach dem Eigentümerwechsel die künftigen Gesellschafterstrukturen erkennbar. Der staatliche schwedische Energiekonzern Vattenfall hatte Ende September sein ostdeutsches Braunkohlegeschäft an umstrittene tschechisch-britische Neueigentümer übertragen. Dabei handelt es sich zum einen um den tschechischen Energie- und Industriekonzern EPH Energetický a průmyslový holding und zum anderen um die tschechisch-britische Briefkastenfirma PPF Investments (PPF-I). Das übernommene Braunkohlegeschäft war bisher in zwei Cottbuser Holdinggesellschaften gebündelt: Vattenfall Europe Mining AG für den Braunkohle-Bergbau und Vattenfall Europe Generation AG für die Kraftwerke.
Nachdem der Kauf vollzogen war, wurden am 11. Oktober die Aufsichtsräte und Vorstände für beide Gesellschaften mit leicht veränderter Besetzung gebildet. Der neue Doppel-Vorstandschef Helmar Rendez kündigte an, die Gesellschaften am Folgetag mit einem Eintrag ins Handelsregister in Lausitz Energie Bergbau AG (LE-B) und Lausitz Energie Kraftwerke AG (LE-K) umzubenennen. Außerdem präsentierte er die „Dachmarke Leag“, unter der die betroffenen Unternehmen künftig firmieren sollten. Dabei vermied er zunächst konkrete Aussagen zur Gesellschafterstruktur.
Cottbus-Prag-Nikosia-Jersey
Recherchen des Leipziger Energiejournalisten Stefan Schroeter haben nun zu ersten Erkenntnissen darüber geführt, in welches komplizierte Unternehmensgeflecht die Leag-Unternehmen eingebunden werden sollen. Wie er bei EPH auf Anfrage erfuhr, wird es für LE-B und LE-K eine ebenfalls in Cottbus ansässige Muttergesellschaft geben, die als Lausitz Energie Verwaltungs GmbH (LE-V) firmiert. LE-V hält allerdings nicht alle Anteile an den beiden Töchtern, sondern nur jeweils 80 Prozent. Die übrigen 20 % halten jeweils zu gleichen Teilen zwei Zweckgesellschaften von EPH und PPF-I, die zum einen im tschechischen Prag und zum anderen im fernen Steuerparadies Nikosia auf Zypern ansässig sind.
Diese beiden Zweckgesellschaften spielen auch eine wichtige Rolle als Gesellschafter von LE-V, wenn auch nicht auf direktem Weg. Vielmehr halten sie jeweils die Hälfte der Anteile an einer in Prag ansässigen Zweckgesellschaft, die alle Anteile von LE-V besitzt.
Doch warum wählen EPH und PPF-I eine derart komplizierte Gesellschafterstruktur, um zwei schon bestehende Lausitzer Unternehmen zu führen?
Und warum bindet PPF-I, das ohnehin schon auf der britischen Kanalinsel Jersey sitzt, mit Zypern auch noch ein weiteres Steuerparadies ein?
Diese Fragen beantworten sich nicht von selbst. Dennoch halten EPH und PPF-I keine weiteren Erläuterungen dazu für notwendig. EPH-Pressesprecher Daniel Častvaj antwortet immerhin auf eine entsprechende Frage, dass er die Struktur nicht für „übermäßig kompliziert“ (Englisch: „excessively complicated“) halte. PPF-I-Pressesprecher Miroslav Beneš bestätigt zwar Informationen zur zypriotischen Zweckgesellschaft. Doch die Frage, aus welchen Gründen sie überhaupt in Leags Eigentümerstruktur eingebunden wurde, beantwortet er dann nicht mehr.
Viel Geld
Reichlich nebulös bleibt auch weiterhin, welche Rolle die im niederländischen Amsterdam ansässige PPF-Gruppe (PPF-G) des tschechischen Milliardärs Petr Kellner bei Leag spielt. Immerhin gibt es sehr deutliche Anzeichen dafür, dass PPF-I mit seinem Eigentümer Thomas Brzobohatý nur als Statthalter für Kellners PPF-G fungiert. Dennoch behaupten beide, PPF-G würde lediglich „finanzielle Ressourcen für PPF-I beim Vattenfall-Geschäft“ bereitstellen. Nähere Informationen dazu gibt es auch auf mehrfache Nachfrage nicht.
Dabei erscheint die Beschreibung „finanzielle Ressourcen bereitstellen“ hier doch als recht ungewöhnlich: Schließlich hat Vattenfall allein Barmittel von 1,5 Mrd. Euro auf den Konten der Braunkohlegesellschaften an EPH und PPF-I übergeben, um die Verantwortung für Arbeitsplätze, Rekultivierung und Umweltschäden loszuwerden. Viel Geld müsste also auch ohne PPF-G schon da sein. Wichtig ist nun vor allem, wohin es fließt.
Die Gesellschafterstruktur der Lausitzer Braunkohle