Stromverbraucher einer Region sollen sich gemeinsam mit Strom aus eigenen Solar- und Windkraftanlagen versorgen können. Für dieses europäisch angelegte „Energy Sharing“ fehlt in Deutschland noch der nationale Rechts- und Förderrahmen. Das Bündnis Bürgerenergie hat nun ein Modell für eine staatliche Förderprämie vorgestellt.

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Windpark bei Oschatz. Archivfoto 2021: Stefan Schroeter


Das BBE Bündnis Bürgerenergie hat gemeinsam mit Partnern ein neues Stromvertriebs-Modell für den Strom aus gemeinschaftlich betriebenen Wind- und Solaranlagen vorgestellt. Bei dem sogenannten „Energy Sharing“ (Deutsch: Energieteilen) schließen sich mehrere regionale Stromverbraucher zu einer Bürgerenergie-Gesellschaft zusammen. Mit dieser Gesellschaft betreiben sie im räumlichen Zusammenhang von 50 Kilometern eine oder mehrere Erneuerbare-Energien-Anlagen und versorgen sich auch teilweise aus diesen Anlagen.

Dieses Energy Sharing hatte die Europäische Union bereits im Jahr 2019 in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie verankert. Bis Mitte 2021 hätte es in deutsches Recht umgesetzt werden müssen. Doch diese Frist lief dann ohne Umsetzung ab. Deshalb formulierte der Bundestag im Juli 2022 einen Prüfauftrag an die Bundesregierung, Vorschläge für die Einführung von Energy Sharing im Rahmen der nächsten Gesetzgebungsprozesse zu unterbreiten.


Wie BBE-Vorstand Malte Zieher Anfang Juli 2023 in Berlin sagte, gibt es in Deutschland bereits über 1.000 Energiegenossenschaften, die eigene Anlagen betreiben. Sie würden den erzeugten Strom allerdings überwiegend am Spotmarkt verkaufen.


Den selbst erzeugten Strom auch direkt an Kunden zu verkaufen, ist für die Energiegenossenschaften bisher noch mit größeren Hindernissen verbunden. Dazu zählen eine komplizierte Rechtslage sowie technische und kaufmännische Herausforderungen. Ein Pilotprojekt, das sich diesen Schwierigkeiten stellt, ist aus der Stromrebellen-Stadt Schönau in Baden-Württemberg bekannt.

 

Mitmach-Angebote

Die Hamburger Ökostrom-Genossenschaft GPE Green Planet Energy sieht das Energy Sharing als gut geeignet, die Menschen in einer Region besser mit den dortigen Solar- und Windenergieanlagen zusammenzubringen. „Wir wollen die Energiewende nicht nur denjenigen mit dem eigenen Dach und dem entsprechend großen Geldbeutel überlassen“, sagte GPE-Politikreferentin Ariane August. „Sondern wir brauchen Mitmach-Angebote, die möglichst alle Menschen abholen.“

 

Zum anderen soll das Modell anschlussfähig an ein zukünftiges Energiesystem sein, in dem der Stromverbrauch sich zunehmend an der wetterbedingten Erzeugung orientiert. Deshalb enthält es Anreize für die Verbraucherinnen, ihre Stromverbräuche in die Zeiten zu verschieben, in denen viel Solar- und Windstrom aus den eigenen Anlagen verfügbar ist.

 

Verbunden damit ist ein energiewirtschaftlicher Aufwand, der eine Strombilanzierung im Viertelstunden-Takt sowie die Beschaffung von Ausgleichsenergie und Reststrom-Mengen umfasst. Dieser Aufwand kann nach Auffassung des BBE nicht durch die Bürgerenergie-Gesellschaften erwirtschaftet werden, sondern sollte als Kostenkomponente in eine staatliche Energy-Sharing-Prämie einfließen. Diese Förderprämie würde dann zusätzlich zu der üblichen Marktprämie ausgezahlt werden, die Energiegenossenschaften derzeit schon für die Vermarktung des selbst erzeugten Solar- und Windstrom erhalten.

 

Außerdem hält es BBE für notwendig, den Menschen einen ökonomischen Anreiz zu bieten, in Bürgerenergie-Gesellschaften zu wechseln. Dieser Anreiz wurde in einer Kurzstudie des Beratungsunternehmens Brainpool Energy mit 100 Euro pro Jahr angesetzt. Er soll als Anreizkomponente in die Energy-Sharing-Prämie eingepreist werden.

 

Solar- und Windprämie

In ihrer Kurzstudie haben die Berater berechnet, wie die gesamte Prämie in Cent pro Kilowattstunde auf den geteilten und direkt verbrauchten Bürgerenergie-Strom umgelegt werden kann. Dabei haben sie für Solarstrom eine Prämie von 4,9 Cent und für Windstrom von 2,8 Cent errechnet.

 

Als Grund für den deutlichen Unterschied nannte Zieher, dass die Solarenergie wesentlich weniger Vollaststunden hat und ein Profil, auf das sich der Stromverbrauch nicht so gut einstellen lässt. Windenergie sei etwas gleichmäßiger und mit höheren Vollaststunden verfügbar.

 

Das Bürgerenergie-Modell mit der Energy-Sharing-Prämie will Zieher nun in die Politik und Gesetzgebung einbringen. Er rechnet damit, dass es in der zweiten Jahreshälfte 2023 einen Beteiligungsdialog dazu geben wird. „Wir bringen uns ein“, sagte der BBE-Vorstand. „Und wir rechnen damit, dass wir dann in Kürze auch Energy Sharing umsetzen können.“

 

Andere Länder sind beim Energy Sharing wohl schon deutlich weiter vorangekommen. Zieher berichtete über recht unterschiedliche Beispiele aus Österreich, Italien, Portugal und Spanien. Das italienische Modell ist dabei dem BBE-Modell am ähnlichsten. Mit 11 Cent fällt die Energy-Sharing-Prämie in Italien allerdings deutlich höher aus.


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