Ergänzt-2. Die Stromkunden bezahlen viel Geld dafür, dass alte Braunkohle-Kraftwerke abgeschaltet, zeitweise betriebsbereit gehalten und schließlich stillgelegt werden. Ob sie in ihrer Sicherheitsbereitschaft tatsächlich noch Strom liefern können, ist allerdings nicht sicher. Auch das Klimaschutz-Ziel der Regelung wird wahrscheinlich nicht erreicht.

Bahnverladung Profen gross

Die Braunkohle für das Kraftwerk Buschhaus müsste per Bahn-Ferntransport aus dem Tagebau Profen angeliefert werden. Archivfoto 2016: Stefan Schroeter


Die Braunkohle-Kraftwerke in der sogenannten Sicherheitsbereitschaft mussten bisher noch keinen Strom produzieren. Darüber berichtet die Frankfurter Rundschau unter Berufung auf die Bundesregierung, die wiederum eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion Bündnis 90 / Grüne beantwortet hatte. In der Sicherheitsbereitschaft befinden sich seit Oktober 2016 das Kraftwerk Buschhaus in Niedersachsen und seit Oktober 2017 zwei Blöcke des Kraftwerks Frimmersdorf in Nordrhein-Westfalen.

 

In den nächsten Monaten und Jahren sollen weitere alte Braunkohle-Kraftwerksblöcke in die Sicherheitsbereitschaft überführt, dort jeweils vier Jahre lang für Notsituationen betriebsbereit gehalten und danach stillgelegt werden. Die Kraftwerksbetreiber erhalten dafür eine Vergütung von insgesamt 1,61 Milliarden Euro, die von den Stromkunden über die Netzentgelte bezahlt wird.

 

Nach Angaben der Bundesregierung haben die zuständigen Übertragungsnetz-Betreiber Tennet und Amprion im Jahr 2017 dafür Kosten von 85 Millionen Euro angesetzt, im laufenden Jahr 2018 sollen es 149 Mio. Euro sein. Hier wäre noch zu ergänzen, dass Tennet wahrscheinlich im Jahr 2016 schon 17,2 Mio. Euro für das Kraftwerk Buschhaus gezahlt hatte. Die Gesamtkosten für die ersten drei Jahre der Sicherheitsbereitschaft dürften daher bei insgesamt 251 Mio. Euro liegen.

 

Ob die Kraftwerke in Notsituationen tatsächlich innerhalb von zehn Tagen Strom liefern können, wird von der Bundesregierung nicht weiter überprüft. Sie verlässt sich darauf, dass die Betreiber die entsprechenden gesetzlichen Anforderungen einhalten. Doch daran haben nicht nur die Bündnisgrünen zumindest für das Kraftwerk Buschhaus berechtigte Zweifel.

 

Auch die Bundestagsfraktion der Linken hatte bereits in einer ähnlichen Anfrage darauf verwiesen, dass im nahen Tagebau Schöningen keine Braunkohle mehr gefördert wird. Der stark wasserhaltige Brennstoff müsste daher per Bahn aus dem 200 Kilometer entfernten Tagebau Profen antransportiert werden.

 

Dazu müssten die Betreiberunternehmen Helmstedter Revier und Mibrag außerplanmäßig 240 Güterwagen mit dazugehörigen Dieselloks und Personal bereitstellen. Sie hätten innerhalb von zehn Tagen 6.000 Tonnen Braunkohle pro Tag zu transportieren. Das dürfte in den Wintermonaten auch dadurch erschwert werden, dass es im Kraftwerk selbst keine Umladestation mit Auftautechnik gibt. Sollte der Brennstoff bei Minustemperaturen auf dem Transportweg einfrieren, müsste er daher wohl mit Presslufthämmern aus den Güterwagen befreit werden.

 

Als eigentliches Ziel der Sicherheitsbereitschaft hatte das Bundes-Wirtschaftsministerium im Jahr 2016 ausgegeben, dass sie bis zum Jahr 2020 einen Kohlendioxid-Ausstoß von 11 - 12,5 Mio. Tonnen einsparen soll. Doch auch das ist sehr wahrscheinlich nicht erreichbar, weil die Emissionszertifikate der sicherheitsbereiten Kraftwerke nicht stillgelegt werden, sondern weiter gehandelt werden können. Deshalb führt der Marktmechanismus des europäischen Emissionshandels dazu, dass ihr bisheriger CO2-Ausstoß nun auf andere Kraftwerke und Industrieanlagen verlagert werden kann.


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