Dem Bundesland war es gerade erst gelungen, den Bau einer weiteren Höchstspannungsleitung durch den Thüringer Wald abzuwenden. Nun planen die Übertragungsnetz-Betreiber zwei neue Leitungen für die Hochspannungs-Gleichstromübertragung, die durch die sensible Region führen sollen.



Der Thüringer Minister für Bau und Landesentwicklung, Christian Carius, lehnt den Bau weiterer Hochspannungs-Stromleitungen durch das Bundesland ab. Ein weiterer Netzausbau führe zu einer Belastung, die nicht akzeptabel sei, sagte Carius zu aktuellen Planungen der Übertragungsnetz-Betreiber. Die vorgesehenen Querungen des Thüringer Waldes würden massiv die Landschaft beeinträchtigen, die wirtschaftliche und touristische Weiterentwicklung blockieren. Das gelte es zu verhindern.

Wie das Ministerium weiter mitteilte, ermitteln die Übertragungsnetz-Betreiber gegenwärtig die groben Raumkorridore für neue Hochspannungs-Leitungen, bevor sie sogenannte Anträge auf Bundesfachplanung stellen. Thüringen ist bei der aktuellen Planung potenziell durch zwei Leitungen für die Hochspannungs-Gleichstromübertragung (HGÜ) betroffen. Der HGÜ-Korridor C von Wilster bei Itzehoe in Schleswig-Holstein nach Grafenrheinfeld in Bayern soll nach den aktuellen Planungen durch mehrere Landkreise in Westthüringen und durch den Thüringer Wald führen. Hier sind die Übertragungsnetz-Betreiber Tennet und Transnet für die Planungen verantwortlich.

Der HGÜ-Korridor D erstreckt sich von Lauchstädt bei Halle/Saale nach Meitingen bei Augsburg und quert das Land im zentralen und westlichen Teil ebenfalls von Nord nach Süd. Die hier vorgesehene Stromtrasse wird von den Übertragungsnetz-Betreibern 50Hertz und Amprion vorbereitet. Den endgültigen Verlauf der zukünftigen Leitungen legt die Bundesnetzagentur fest.

Zuletzt hatte die Thüringer Landesregierung bereits den Versuch der Übertragungsnetz-Betreiber abgewehrt, eine weitere konventionelle 380-Kilovolt-Leitung von Altenfeld/Schalkau nach Grafenrheinfeld zu errichten. Derzeit baut 50Hertz an einer sogenannten Südwest-Kuppelleitung durch den Thüringer Wald nach Bayern, die in der Bevölkerung einen starken Widerstand und juristische Auseinandersetzungen ausgelöst hatte. Für den dritten Abschnitt zur Landesgrenze konnte daher das Planfeststellungs-Verfahren bisher noch nicht eröffnet werden.

Auf dem gleichen Stand befindet sich der Abschnitt, der von der Landesgrenze ins bayerische Redwitz führt. Dafür ist der dortige Übertragungsnetz-Betreiber Tennet zuständig. Das Ziel beider Netzbetreiber ist es, die Leitung bis 2015 vollständig in Betrieb zu nehmen. Dann soll das nahe bayerische Kernkraftwerk Grafenrheinfeld abgeschaltet werden.

Bisher gibt es zwischen den beiden Bundesländern nur eine 380 KV-Leitung, die von Remptendorf in Thüringen nach Redwitz in Bayern führt. Sie ist oft überlastet, weil sie große Strommengen aus der Stromüberschuss-Region Ostdeutschland in das Strommangel-Gebiet Süddeutschland transportieren muss. Deshalb wird bereits in großem Maßstab ostdeutscher Strom auf dem Umweg über Polen und Tschechien nach Bayern transportiert. Da es sich dabei meist um stark schwankende Windstrom-Mengen handelt, stößt dies bei den dortigen Netzbetreibern auf Widerstand.

Das innerdeutsche Ungleichgewicht zwischen Regionen mit Stromüberschuss und Regionen mit Strommangel wird sich in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter verstärken. Denn in den verbrauchsstarken südlichen Bundesländern werden mehrere Atomkraftwerke abgeschaltet, deren Leistung nicht ausreichend durch den regionalen Ausbau erneuerbarer Energien ersetzt werden kann. Die vier Übertragungsnetz-Betreiber rechnen daher damit, dass Bayern, Baden-Württemberg und Hessen im Jahr 2023 etwa 30 Prozent ihres jährlichen Stromverbrauchs importieren werden. In Nord- und Ostdeutschland wird weniger Strom verbraucht, aber der Ökostrom-Ausbau läuft mit Ausnahme Sachsens auf vollen Touren.

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