Der kostenbasierte Redispatch mit Kraftwerken ist bisher das wichtigste Mittel, um Engpässe im deutschen Stromnetz auszugleichen. Die Strombörse Epex Spot bietet dafür nun ein marktbasiertes Modell an, bei dem auch große Stromverbraucher einbezogen werden.

 

Hauptsitz der European Energy Exchange in Leipzig. Foto: Stefan Schroeter

Lokale Flexibilitätsmärkte könnten nach Einschätzung der Strombörse Epex Spot dazu beitragen, erhebliche Kosten für den Ausbau des Stromnetzes und für den Ausgleich von Engpässen im Stromnetz einzusparen.

Dieses Thema war kürzlich bei einer Onlinekonferenz der Energiebörse EEX European Energy Exchange angesprochen worden. Auf Anfrage teilte die EEX-Tochtergesellschaft Epex Spot nun weitere Informationen dazu mit.

Demnach funktionieren lokale Flexibilitätsmärkte nach dem Prinzip des marktbasierten Redispatch. Statt mit Strom wird hier mit Flexibilität gehandelt, also mit der Fähigkeit einer Anlage, den Stromverbrauch oder die Stromerzeugung hoch- oder herunterzufahren.

In Deutschland ist bisher der kostenbasierte Redispatch üblich. Er ist das wichtigste Mittel, um Strom über einen Leitungsengpass hinweg zu transportieren. Dabei werden Kraftwerke vor dem Engpass heruntergefahren und gleichzeitig hinter dem Engpass hochgefahren. Die Kosten, die dafür anfallen, stellen die beteiligten Kraftwerksbetreiber den Netzbetreibern in Rechnung.

Ein lokaler Flexibilitätsmarkt richtet sich dagegen nach Angebot und Nachfrage. Auf der Nachfrageseite stehen hier die Netzbetreiber, auf der Angebotsseite stehen Anlagen wie industrielle Verbraucher, Wärmepumpen, Batterie-Speicher oder Rechenzentren.

 

Überschüssigen Strom aus dem Netz nehmen

Sobald ein Netzbetreiber einen Engpass vorhersagt, kann er auf der Handelsplattform ein Gebot eingeben, dass Flexibilität benötigt wird, um einen Engpass zu vermeiden. Regionale Betreiber von strombetriebenen Anlagen, die an diesem Markt aktiv sind, können dann überschüssigen Strom aus dem Netz entnehmen.

Damit wird der Engpass vermieden, bevor er entsteht. Die Anlagenbetreiber werden dafür entlohnt, dass sie dem Netz zum richtigen Zeitpunkt Strom entnommen haben. Es wird ein Marktpreis für Flexibilität ermittelt und veröffentlicht. So entsteht ein Referenzpreis für Flexibilität. Für Anlagenbetreiber kann das ein Anreiz sein, weiter in lastseitige Flexibilitäten zu investieren – also in die Fähigkeit, auf Abruf große Strommengen aus dem Netz zu ziehen.

Nach Einschätzung von Epex Spot gibt es in Europa ein enormes Potenzial für solche ungenutzten lastseitigen Flexibilitäten und dafür, wie sie netzdienlich eingesetzt werden können. Lokale Flexibilitätsmärkte existieren bereits in den Niederlanden und in Großbritannien.

Epex Spot selbst baut derzeit einen lokalen Flexibilitätsmarkt für den britischen Verteilnetzbetreiber UK Power Networks auf. Geografisch umfasst er dessen Netzgebiet in London und Südwestengland mit acht Millionen Kundinnen und Kunden. In Deutschland war Epex Spot in den Jahren 2017 bis 2020 an einem Pilotprojekt im Norden Niedersachsens beteiligt.

 

Hybridmodell für den Redispatch

Wie die Strombörse weiter mitteilte, ist der regulatorische Rahmen in Deutschland aktuell fokussiert auf kostenbasierten Redispatch. Damit hemme er die Etablierung von lokalen Flexibilitätsmärkten. Epex Spot schlägt daher für Deutschland ein Hybridmodell aus marktorientiertem Redispatch und kostenorientiertem Redispatch vor.

Bestehende erzeugungsbasierte Anlagen würden in einem solchen Hybridmodell im kostenbasierten Redispatch verbleiben. Ergänzend dazu würde ein marktlicher Redispatch auf neue lastseitige Flexibilitäten angewendet werden. Netzbetreiber können jeweils die für sie günstigere Flexibilitätsoption wählen.

Das Konzept von Epex Spot sieht vor, dass die lokalen Flexibilitätsmärkte zuerst in bestimmten lokalen Verteilnetzgebieten und Regionen entstehen. Das kann im windreichen Norden sein oder in Regionen, in denen das Potenzial für lastseitige Flexibilität besonders hoch ist.

Sinnvoll können diese Märkte auch dort sein, wo es oft zu Engpässen im Verteilnetz kommt. So sollen sich die einzelnen Flexibilitätsmärkte unabhängig voneinander und ergänzend zum zonalen Großhandelsmarkt für Strom etablieren können.

 

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