Ergänzt. Verbundnetz Gas würde gern mit fossilem Erdgas eine Brücke in ein erneuerbares Energiesystem bauen und es allmählich durch grüne Gase ersetzen. Ein Verbot fossiler Heizungen, das in einem Entwurf des Klimaschutzplans enthalten gewesen sein soll, wäre bei dieser Strategie wohl ein Hindernis. Doch ganz so schlimm scheint es nicht zu kommen.

Ontras gross

In den Ferngasleitungen von Ontras soll fossiles Erdgas allmählich durch grüne Gase ersetzt werden. Archivfoto 2014: Stefan Schroeter


Das Erdgas-Großhandelsunternehmen VNG Verbundnetz Gas stellt sich darauf ein, dass fossiles Erdgas langfristig an Bedeutung verlieren wird. Finanzvorstand Bodo Rodestock sprach auf dem Ostdeutschen Energieforum Anfang September in Leipzig von „zwei Phasen der Dekarbonisierung“. In der ersten Phase werde Erdgas als Brücke in ein erneuerbares Energiesystem dienen und unverzichtbar bleiben für den Wärme- und Strommarkt. In der zweiten Phase rechnet Rodestock damit, dass Gas und die Gas-Infrastruktur weiterhin eine sehr wichtige Rolle spielen werden. „Wir müssen der Tatsache ins Auge blicken, dass es dann nicht mehr vordergründig um fossiles Erdgas gehen wird, sondern um mehr und mehr grüne Gase“, sagte der VNG-Vorstand. „Bioerdgas, Windgas, grüner Wasserstoff werden dann die Zukunftsoption sein. Und die Gas-Infrastruktur kann spätestens dann zur Kern-Infrastruktur der Energiewende werden.“

Nach Rodestocks Ansicht sind die gut ausgebauten deutschen Gasnetze und Untergrundspeicher sowohl für den Transport als auch für die Speicherung von Grünstrom vorbestimmt. Die VNG-Tochtergesellschaft Ontras, die Ferngasleitungen in Ostdeutschland betreibt, sammelt auch schon erste Erfahrungen mit Einspeisung und Transport von Wasserstoff und Biomethan. Außerdem hat sie die europäische Grüngas-Initiative mitbegründet, in der Ferngasleitungs-Betreiber mehrerer Länder an Strategien für eine Kohlendioxid-neutrale Gasversorgung arbeiten. Die Konzerntochter VNG Gasspeicher arbeitet in der Forschungsinitiative Hypos mit an Projekten, die auf eine bessere Wirtschaftlichkeit und technische Beherrschbarkeit für die noch teure und wenig praktizierte Produktion, Speicherung und Anwendung von Wasserstoff zielen.

 

Verunsicherung

Der Erdgasmarkt selbst ist allerdings zuletzt in Turbulenzen geraten. Seit einigen Monaten macht Importeuren wie VNG ein erneuter Preisverfall im Gas-Großhandel zu schaffen. Die Betreiber von Gaskraftwerken können durch die ebenfalls niedrigen Preise im Strom-Großhandel immer weniger Geld verdienen und kaufen daher kleinere Gasmengen ein. Für eine weitere Verunsicherung in der Branche sorgt nun der Klimaschutzplan 2050.

Im Juli hatten mehrere Medien darüber berichtet, dass ein aktueller, nicht öffentlicher  Entwurf des Klimaschutzplans ein Verbot von neuen fossilen Heizungen ab dem Jahr 2030 enthalte. Das würde dann auch Erdgasheizungen betreffen und stößt daher in der Branche auf Widerstand. „Das im Klimaschutzplan angesprochene Verbot neuer fossiler Heizungen nach dem Jahr 2030 fällt meines Erachtens nicht unter den Begriff vernünftig“, sagte VNG-Vorstand Rodestock. „Willkürliche Verbote moderner und effizienter Technologien bringen uns mit Sicherheit nicht weiter.“

Dabei ist es erstaunlich genug, dass ein solches Verbot überhaupt im aktuellen, öffentlich nicht zugänglichen Entwurf des Klimaschutzplans enthalten sein soll. Im Maßnahmenkatalog des Klimaschutzplans, der im März nach einem breit angelegten und lang andauernden Dialogprozess vom Bundes-Umweltministerium veröffentlicht wurde, steht dieses Verbot dagegen nicht. Vielmehr enthält er die Empfehlung, dass der Betrieb von fossilen Heizungen durch eine höhere Besteuerung verteuert und der Austausch fossiler Anlagen gegen erneuerbare Heizsysteme gefördert werden soll. Dieser Ansatz habe sich bereits in Dänemark bewährt, heißt es im Maßnahmenplan.

 

Synthetisches Methan

Auf eine Frage danach, ob der aktuelle Entwurf tatsächlich ein Verbot fossiler Heizungen ab 2030 enthalte, bestätigte Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth beim Ostdeutschen Energieforum dies immerhin indirekt. „Ob es drin bleibt, weiß ich nicht. Jetzt gehen wir ja gerade in die Ressortabstimmung“, sagte Flasbarth. „Wenn Heizungsanlagen im Schnitt 20 Jahre halten, dann muss man sich überlegen, ob das noch vernünftig ist, im Jahr 2030 die noch einzubauen. Wir haben andere Technologien in der Wärmeversorgung. Man kann allerdings Gasheizungen auch mit PTG betreiben. Also, das heißt nicht, dass die Verbrennungstechnologien ganz weg sind.“

Mit PTG meinte Flasbarth wahrscheinlich Power To Gas (Deutsch: Strom zu Gas), was für die Produktion von synthetischem Methan aus überschüssigem Wind- oder Solarstrom steht. Dieses synthetische Methan hat die gleichen Eigenschaften wie Erdgas und kann daher auch in Erdgasheizungen genutzt werden. Es gilt aber als erneuerbarer Energieträger und würde daher wohl nicht durch die Steuerungsinstrumente des Klimaschutzplans benachteiligt werden.

Mit dem Klimaschutzplan will die Bundesregierung ihre Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen vom Dezember 2015 erfüllen. Den aktuellen Entwurf hat das Umweltministerium bereits mit dem Wirtschaftsministerium abgestimmt. Nun sollen weitere Bundesministerien und später auch die Bundesregierung in die Diskussion einbezogen werden. Flasbarth geht davon aus, dass der Klimaschutzplan im November verabschiedet werden kann.

 

Nachtrag am 8. September 2016:

Das Bundesumweltministerium hat seinen Entwurf des Klimaschutzplans 2050 inzwischen veröffentlicht. Ein Verbot fossiler Heizsysteme ab dem Jahr 2030 wird darin nicht erwähnt. Vielmehr gibt es einen "Fahrplan für einen klimaneutralen Gebäudebestand" bis 2050, der "anspruchsvolle Neubaustandards, langfristige Sanierungsstrategien für den Gebäudebestand wie auch die schrittweise Abkehr von fossilen Heizungssystemen Voraussetzung" vorsieht. Spätestens bis zum Jahr 2030 soll ein Endenergiebedarf für neue Wohngebäude erreicht werden, den das Ministerium im Entwurf noch nicht konkret beziffert hat. Diesen Endenenergiebedarf will es überwiegend aus erneuerbaren Energien gedeckt sehen. "Eine Neuinstallation von Heizsystemen mit fossilen Brennstoffen wird ab dann im Vergleich zu erneuerbaren Heizsystemen deutlich unattraktiver sein", heißt es dann weiter.


Vernetzen




Mit wenigen Cookies funktioniert diese Webseite am besten. Ganz ohne Kuckies klappt nicht alles.