Die Einführung intelligenter Messsysteme in die deutschen Stromnetze hat sich seit vielen Jahren verzögert. Neue gesetzliche Regelungen sollen nun den flächendeckenden Einbau der Smart Meter vereinfachen und beschleunigen.
Eine wichtige Vereinfachung ist, dass nun ein Smart Meter Gateway als Kommunikationseinheit für viele Zähler dienen kann. Foto: Stefan Schroeter
Die breite Praxiseinführung (Englisch: Rollout) von intelligenten Messsystemen (Englisch: Smart Meter) hat jetzt Fahrt aufgenommen. Darüber berichtete der VDE Verband der Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnik gestern in Leipzig beim Fachkongress ZMP Zählen-Messen-Prüfen. Das neue Tempo führte er vor allem auf neue gesetzliche Regelungen zurück, die der Bundestag im April mit dem Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (GN-DEW) beschlossen hatte. Im Mai trat es in Kraft.
Bei den Smart Meter handelt es sich um eine Kombination von zwei Geräten. Das erste Gerät ist ein elektronischer Stromzähler, der im Behördendeutsch als „moderne Messeinrichtung“ bezeichnet wird. Er kann Verbrauchsdaten der Endkunden digital erfassen, anzeigen und an andere Geräte weitergeben. Das zweite Gerät ist eine besonders gesicherte Kommunikationseinheit, die „Smart Meter Gateway“ genannt wird. Dieser „Torweg“ übernimmt aktuelle Verbrauchsdaten des Zählers und schickt sie verschlüsselt an die Betreiber von Stromnetzen. Umgekehrt vermag das Gateway auch Daten vom Netzbetreiber zu empfangen.
In einem weiteren Schritt kann die Kombination auch noch um eine Steuereinheit ergänzt werden. Sie macht es möglich, größere Stromverbraucher dann einzuschalten, wenn der Strompreis bei einem dynamischen Tarif gerade günstig ist. Solche dynamischen Tarife sollen die Lieferanten künftig anbieten müssen.
Kupfer mit Köpfchen
Umgekehrt könnten Netzbetreiber auch solche größeren Stromverbraucher drosseln, wenn der Strom in einem Netzgebiet zu knapp werden oder die Leitungen überlastet sein sollten. Das ist durchaus denkbar, wenn die Ausbauziele der Bundesregierung für mehrere Millionen Wärmepumpen und Elektrofahrzeuge umgesetzt werden. In einem intelligenten Netz können Produktion, Transport und Verbrauch von Strom zunächst besser ausgeregelt werden, bevor es notwendig wird, neue Leitungen zu verlegen. „Kupfer mit Köpfchen und Sicherheit“ hieß es dazu auf dem ZMP-Kongress.
Bei normalen Haushaltskunden bauen die Netzbetreiber bisher vor allem die elektronischen Stromzähler ein. Manche Netzbetreiber bieten ihnen auch schon auf freiwilliger Basis an, den Stromzähler zum Smart Meter aufzurüsten. Bei größeren Endkunden und kleinen Kraftwerksbetreibern wird das ab dem Jahr 2025 verpflichtend. Auch für größere Stromverbraucher wie Elektroauto-Ladestationen und Wärmepumpen ist derzeit eine Smart-Meter-Pflicht mit Steuerungsfunktion im Gespräch.
Der Smart-Meter-Rollout war in den vergangenen Jahren zunächst vor allem durch hohe Sicherheitsanforderungen und bürokratische Hürden blockiert und gebremst worden. In der Corona-Zeit hatten die Gerätehersteller dann auch noch mit Lieferengpässen bei wichtigen Bauteilen zu kämpfen. Inzwischen sind zwar 400.000 Smart Meter ausgeliefert und verbaut worden. Auf dem ZMP-Kongress wurde aber auch deutlich, dass die deutsche Energiewirtschaft damit im europäischen Vergleich eher hinten liegt.
Anreize für Verbraucher
Mit dem GN-DEW ist der Rollout nach Einschätzung des FNN Forums Netztechnik/Netzbetrieb im VDE deutlich einfacher und verbindlicher geworden. So können jetzt mehrere Stromzähler an ein Gateway angeschlossen werden. Für die Hersteller wird es einfacher, neue Funktionen für ihre Geräte einzuführen. Und es gibt einen verbindlichen Zeitplan für den Rollout.
Als Ziel gibt das Gesetz vor, bis zum Jahr 2030 über 18 Millionen Smart Meter zu verbauen. Der FNN hält es deshalb für notwendig, bald pro Jahr zwei Millionen Smart Meter zu verbauen. Dazu müssten auch Anreize für die Verbraucherinnen und Verbraucher geschaffen werden – wie dynamische Tarife, Flexibilitätsmärkte oder Mieterstrom-Modelle.