Eine Analyse des Verbraucherzentrale Bundesverbands belegt hohe Fernwärmepreise in Deutschland. Die Verbraucherschützer fordern Veränderungen, um mehr Transparenz und Kontrolle in diesem Markt zu schaffen. Die Bundesregierung arbeitet an zwei Verordnungen.

 

Fernwärmeproduktion in einem Leipziger Heizkraftwerk. Foto: Stefan Schroeter

Die Fernwärmepreise bewegen sich bundesweit auf einem hohen Niveau. Zu dieser Einschätzung kommt der Verbraucherzentrale Bundesverband, nachdem er Preisdaten aus 31 Fernwärmenetzen im ersten Quartal 2024 ausgewertet hat.

Die Auswertung ergab, dass private Haushalte in einem typischen Mehrfamilienhaus effektiv 17 Cent brutto pro Kilowattstunde bezahlen, wenn sie aus einem großen Wärmenetz versorgt werden. In kleinen Wärmenetzen ist diese effektive Kilowattstunde mit 20 Cent etwas teurer.

Bei diesen Preisangaben handelt es sich um sogenannte Medianwerte. Sie liegen jeweils in der Mitte zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Wert des untersuchten Bereichs.

Die Verbraucherschützer erfassen die Fernwärme-Preisdaten in den 31 Netzen seit Anfang des Jahres 2023. Für jedes Bundesland untersuchen sie dabei das größte Netz der einwohnerstärksten Stadt und ein möglichst kleines Netz.

Seit der ersten Untersuchung haben sich die zunächst mitunter sehr hohen Preise inzwischen oft nach unten bewegt. In vielen Städten sind sie gleich geblieben, in einigen Städten aber auch gestiegen.

 

Wo Preise steigen und sinken

Als Beispiel für steigende Fernwärmepreise wird Leipzig angeführt. Hier stieg der effektive Bruttopreis pro Kilowattstunde für einen Haushalt in einem typischen Mehrfamilienhaus von 17 Cent im vierten Quartal 2023 auf 20 Cent im ersten Quartal 2024.

Beim untersuchten Netz in Stuttgart hingegen fiel der effektive Bruttopreis pro Kilowattstunde während des gleichen Zeitraums von 22 auf 17 Cent.

Sehr viel größere Preisunterschiede und -bewegungen ergab die Untersuchung in kleinen Fernwärmenetzen. Hier reicht die Spanne der effektiven Preise für Haushalte im Mehrfamilienhaus von 13 Cent bis 35 Cent.

Im vergangenen Jahr 2023 waren die effektiven Preise besonders in mehreren kleinen Netzen noch besonders hoch. Damals wurden sie durch die Wärmepreisbremse der Bundesregierung ermäßigt. Inzwischen sind sie in den meisten Fällen deutlich gesunken, müssen nun aber auch ungebremst von den Verbrauchern bezahlt werden.

Als Grundlage für ihre Preisberechnungen in allen untersuchten Netzen haben die Verbraucherschützer jeweils den einfachsten Grundversorgungstarif herangezogen. Die effektiven Preise pro Kilowattstunde haben sie dabei aus mehreren Preisbestandteilen errechnet. Dazu gehören neben Grundpreis und Arbeitspreis auch noch weitere Parameter.

Für Leipzig lässt sich noch ergänzen, dass die Stadtwerke hier neben dem Grundversorgungstarif „wärme.basis“ auch einen günstigeren Tarif „wärme.kompakt“ anbieten. Demnach ist anzunehmen, dass für einen Teil der Leipziger Fernwärmekunden etwas günstigere effektive Preise pro Kilowattstunde gelten als die ermittelten 20 Cent.

Der VZBV weist auf Anfrage darauf hin, dass es solche Sondertarife nur in sehr wenigen der untersuchten Netze gibt. Darunter befinde sich keines der kleinen Netze. Der Verband rät jedenfalls allen Fernwärme-Verbraucherinnen und -Verbrauchern, ihr jeweiliges Tarifmodell und die vereinbarte Anschlussleistung zu überprüfen. Unter Umständen könnten sie so Heizkosten durch einen Tarifwechsel oder eine reduzierte Anschlussleistung einsparen.

 

Die Fernwärme verbraucherfreundlicher gestalten

Der Fernwärme-Experte des VZBV, Florian Munder, stellte die Preisstudie gestern bei den Berliner Energietagen vor. Dabei sprach sich Munder selbst ebenso wie Vertreterinnen und Vertreter des Deutschen Mieterbundes, des Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen und der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz dafür aus, die Fernwärme verbraucherfreundlicher zu gestalten. Sie alle halten mehr Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Preiskontrolle in diesem Bereich für notwendig.

In dieser Richtung arbeitet auch die Bundesregierung derzeit mit zwei Gesetzesprojekten. Darüber berichtete Kerstin Deller, Unterabteilungsleiterin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

Zum einen soll die „Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme“ um konkretere Vorgaben für Preisänderungs-Klauseln ergänzt werden. Fernwärmeversorger sollen künftig Musterberechnungen auf ihren Internetseiten veröffentlichen, mit denen sich die Anwendung einer Preisänderungsklausel verständlich nachvollziehen lässt. Außerdem ist geplant, eine Transparenzstelle einzurichten.

Gleichzeitig überarbeitet das Bundesministerium für Justiz die Wärmelieferverordnung. Das gilt als notwendig, um den Ausbau der Fernwärme voranzubringen und gleichzeitig den Mieterschutz zu wahren. Beide Verordnungen sollen in der zweiten Jahreshälfte 2024 in Kraft treten.

 

Vergleichbare Wärmepreise

Dem VZBV geht das noch nicht weit genug. Er wünscht sich ein deutschlandweites Wärmenetz-Register, damit Wärmepreise für Verbraucherinnen und Verbraucher vergleichbar werden.

Sein Fernwärme-Experte Munder wies auch darauf hin, dass es sich bei den Wärmenetzen um natürliche Monopole handelt. Dennoch erfolge hier keine systematische Kontrolle der Preise und Preiszusammensetzung. Nach Ansicht des Verbraucherschützers sollte eine bundeseinheitliche Preisaufsicht durch eine unabhängige Stelle eingeführt werden. Auch den Anschluss- und Benutzungszwang, den es in einigen Ländern und Kommunen gibt, hält er für abschaffenswert.

Derzeit werden sechs Millionen von insgesamt 43 Millionen deutschen Haushalten mit Fernwärme beheizt. Das sind überwiegend Mieterhaushalte in Nord- und Ostdeutschland. Die Bundesregierung setzt darauf, diesen Anteil der Fernwärme in den kommenden Jahren deutlich auszubauen. Gleichzeitig soll die Fernwärme zunehmend klimaneutral aus erneuerbaren Energien erzeugt werden.

 

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