Der Leipziger Stadtrat hatte schon im März 2021 beschlossen, die Anschaffung privater steckerfertiger Balkon-Solarstromanlagen zu fördern. Doch seitdem geht es nicht weiter voran. Andere Städte außerhalb Sachsens und zwei Bundesländer sind da schon deutlich weiter.

Balkone in Leipzig 10 2022 gross

An Leipziger Balkons gibt es noch keine geförderten Mini-Solarkraftwerke. Foto: Stefan Schroeter


Die Stadtverwaltung Leipzig arbeitet weiter an einem Förderprogramm für steckerfertige Solargeräte. Diese kleinen Stromerzeuger mit bis zu 600 Watt Anschlussleistung lassen sich auf dem Balkon, im Garten oder auf Garagendächern aufstellen und dort ans Stromnetz anschließen. Der erzeugte Sonnenstrom kann dann direkt vor Ort verbraucht werden, den Strombezug aus dem Netz mindern und so die Stromkosten senken. Gleichzeitig leisten die Anwender damit einen Beitrag zu einer dezentralen und umweltfreundlichen Stromversorgung.

 

Der Leipziger Stadtrat hatte schon im März 2021 beschlossen, die Anschaffung privater steckerfertiger Balkon-Solarstromanlagen mit jährlich 500.000 Euro zu fördern. Damit wollte er neben dem Solarausbau auf kommunalen Dach- und Freiflächen auch private Haushalte unterstützen. Dazu sollte die Stadtverwaltung eine Fachförderrichtlinie erarbeiten.

 

Eigentlich hätte es dann mit dem Jahresbeginn 2022 möglich sein sollen, Förderanträge stellen zu können. Doch zu diesem Zeitpunkt war die Fachförderrichtlinie noch nicht fertig – und sie ist es bis heute nicht. In der Zwischenzeit stiegen die Strompreise in nie dagewesene Höhen. Die Anbieter von Stecker-Solargeräten konnten dafür die passende Lösung bieten und erlebten einen Kundenansturm, den sie zeitweise kaum noch bewältigen konnten.

 

In vielen Städten und in einem Bundesland wurden die Kunden dabei auch schon durch Förderprogramme unterstützt, auf die vor allem finanzschwache Haushalte angewiesen sind. In Leipzig fehlt dafür immer noch die Fachförderrichtlinie. Auf Anfrage teilte die Stadtverwaltung nun dazu mit:

 

"Das Förderverfahren für steckerfertige PV-Geräte befindet sich aktuell in der finalen rechtlichen Prüfung, wobei die Stadt Leipzig auf eine enge Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale Sachsen (VZS) setzt.

Nach erfolgreichem Abschluss einer Kooperationsvereinbarung kann die Ausreichung der Fördermittel spätestens im 2. Quartal 2023 über das Portal der VZS starten und mit weiteren energetischen Beratungsleistungen kombiniert werden."

 

Vorreiter in Sachsen

Das ist zweifellos ein sehr langer Anlauf zu einem Förderprogramm für Stecker-Solargeräte. Und doch kann Leipzig damit in Sachsen immer noch als Vorreiter gelten. Denn in den beiden anderen sächsischen Großstädten Chemnitz und Dresden gibt es bisher noch wenig bis keine konkreten Überlegungen in dieser Richtung.

 

In Chemnitz hat immerhin die Stadtratsfraktion von Bündnis90 / Die Grünen das Thema der Stecker-Solargeräte bereits mit einer Informationsveranstaltung aufgegriffen. Wie Geschäftsführerin Susann Mäder berichtet, hat sich dabei gezeigt, dass dass die Chemnitzer*innen nicht unbedingt einen zusätzlichen Anreiz durch ein Förderprogramm benötigen. Es seien bereits 176 Steckeranlagen beim örtlichen Netzbetreiber registriert, mit einer vermutlich noch viel größeren Dunkelziffer.

 

Als Hindernis sieht die Fraktionsgeschäftsführerin vor allem einen Mangel an Technik und Handwerker*innen. In Chemnitz seien bisher keine Firmen bekannt, die sich auf die Installation von Balkonkraftwerken spezialisiert haben. Das werfe die Frage auf, ob eine Förderung überhaupt in größerem Umfang abgerufen werden könnte.

 

Mäder weist auch darauf hin, dass die Stadt Chemnitz sich auf einen sehr angespannten Haushalt zubewegt. Das mache die Abwägung noch einmal notwendiger, ob Geld und Aufwand für ein solches Förderprogramm nicht in bereits laufende Maßnahmen zum Klimaschutz investiert oder zur Abfederung sozialer Härten genutzt werden sollte.

 

Nordländer gehen voran

In der Landtagsfraktion der Partei zeigt sich die Vorsitzende Franziska Schubert aufgeschlossen für das Thema. „Es ist unser Ziel, in Sachsen schnellstmöglich Maßnahmen umzusetzen, die die Nutzung von Balkonkraftwerken im Freistaat deutlich voranbringen“, teilt sie auf Anfrage mit. „Wir wollen, dass alle Menschen an der Energiewende mitwirken und unabhängiger werden können. Aktuell befinden wir uns dazu in Abstimmungen innerhalb der Koalition.“

 

Eine ähnliche Sichtweise gibt es im bündnisgrün geführten Sächsischen Energie- und Klimaschutzministerium. Pressesprecher Robert Schimke weist darauf hin, dass dabei viel von den aktuellen Haushalts-Verhandlungen abhängt: „Ob die Förderung solcher Anlagen auf Landesebene möglich ist, lässt sich sagen, wenn der Sächsische Landtag den Doppelhaushalt 2023/24 beschlossen hat. Das ist für Dezember geplant.“

 

Mecklenburg-Vorpommern ist bei diesem Thema schon deutlich weiter. Hier hatte die Landesregierung im August 2022 beschlossen, ein Förderprogramm für Fotovoltaikanlagen an Balkonen aufzulegen und mit 10 Millionen Euro auszustatten. Dann ging es schnell weiter: Schon drei Monate später, Anfang November 2022, wurde die Förderrichtline veröffentlicht.

 

Seitdem können Bürger eine Förderung in Höhe von 500 Euro für steckerfertige Fotovoltaikanlagen bis zu einer Leistung von 600 Watt erhalten. Einen Monat später berichtete Energieminister Till Backhaus, dass dafür bereits 1.500 Förderanträge eingegangen waren. Er rechnet damit, dass insgesamt 18.000 Anträge bewilligt werden können.

 

Mecklenburg-Vorpommern folgt dabei dem Beispiel des benachbarten Bundeslandes Schleswig-Holstein. Hier wurde gerade das Förderprogramm „Klimaschutz für Bürgerinnen und Bürger“ neu aufgelegt, das den Einsatz von erneuerbaren Energien in Privathaushalten unterstützen soll. Für steckerfertige Solar-Balkonanlagen gibt es hier 200 Euro.

 

Soziale Ausrichtung

Neben den beiden nördlichen Bundesländern haben inzwischen auch schon  zahlreiche Städte ihre Förderprogramme für steckerfertige Solargeräte aufgelegt. In Ostdeutschland geht hier Jena voran, das Anfang November 2022 zwei Fördertöpfe mit insgesamt 100.000 Euro für die kleinen Solarstrom-Erzeuger eingerichtet hat: Mit dem ersten Fördertopf wurden die Mini-Anlagen mit bis zu 200 Euro gefördert. Er war schon nach kurzer Zeit ausgeschöpft.

 

Mit dem zweiten Fördertopf sollen Bürgerinnen und Bürgern unterstützt werden, die finanziell wenig Spielraum haben: Hier übernimmt die Stadt bis zu 75 Prozent der Anschaffungskosten und höchstens 600 Euro.

 

Zu den Pionierinnen der Steckersolar-Förderung gehört die Stadt Düsseldorf, die gerade schon ihr zweites Förderprogramm für Balkonkraftwerke aufgelegt hat. Hier werden Kauf und Installation mit bis zu 600 Euro unterstützt.

 

Wie Bürgermeisterin Clara Gerlach Ende November 2022 bei einer Pressekonferenz der Deutschen Umwelthilfe sagte, soll nun auch ein spezielles Programm für Menschen aus finanziell schwachen Haushalten erarbeitet werden. Sie sollen Balkonkraftwerke möglichst kostenfrei erwerben, um damit nachhaltig Energie produzieren und Geld sparen zu können.

 

Regulatorische Hürden

Gerlach berichtete außerdem, dass die Düsseldorfer Netzgesellschaft ihre Regelungen für Anschluss und Anmeldung der kleinen Stromerzeuger vereinfacht habe. So verlange sie nicht mehr, dass die Geräte mit einem sogenannten Wielandstecker ans Netz angeschlossen werden, wenn es eine alternative technische Lösung mit Netz- und Anlagenschutz gebe.

 

Viele Netzbetreiber stellen immer noch umfangreiche technische Anforderungen an Steckersolargeräte, die aus Sicht der Anbieter und Verbraucherorganisationen nicht notwendig sind und die Verbreitung der kleinen Balkonkraftwerke unnötig behindern. Dazu kommt, dass mögliche Anwender erst die Erlaubnis bei Vermietern oder Eigentümergemeinschaften einholen müssen. Für andere Balkonelemente wie Blumenkästen oder Satellitenschüsseln ist das dagegen nicht nötig.

 

Deshalb will sich nun die Deutsche Umwelthilfe dafür einsetzen, diese regulatorischen Hürden abzubauen. Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz sieht darin einen zentralen Hebel, um die Energiewende zu einem „Mitmachprojekt für die ganze Bevölkerung“ zu machen. „Konkret sollte die sinnfreie Diskussion über die Art der Einspeisesteckdose beendet, der kostenlose und schnelle Zählertausch durch die örtlichen Netzbetreiber garantiert und das Wohneigentumsrecht reformiert werden“, sagte Metz.

 

Sie plädierte auch für eine breit angelegte finanzielle Unterstützung: „Was wir brauchen, ist ein bundesweites Förderprogramm für Balkonkraftwerke.“


Mit notwendigen Cookies funktioniert diese Webseite am besten. Ganz ohne Cookies klappt nicht alles.