Die bisherige Vergütung von Solarstrom hat dazu geführt, dass Solarstrom-Anlagen vor allem im Süden Deutschlands gebaut und nach Süden ausgerichtet wurden. Für das gesamte Stromsystem wäre es besser, beim weiteren Ausbau der Solarstrom-Erzeugung umzusteuern.


Für das Stromsystem hätte es deutliche Vorteile, wenn neue Solarstrom-Anlagen regional verteilt gebaut und nach Osten und Westen ausgerichtet würden. Zu diesem Ergebnis kam die Kurzstudie „Effekte regional verteilter sowie Ost-West-ausgerichteter Solarstrom-Anlagen“, die das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE für Agora Energiewende erstellt hat. Bisher seien Solarstrom-Anlagen vor allem im Süden Deutschlands errichtet und nach Süden ausgerichtet worden, heißt es im Vorwort der schon im Mai veröffentlichten, bisher aber noch wenig bekannten Kurzstudie.

Die Ursache dafür sieht Agora im EEG Erneuerbare Energien Gesetz, nach dem die Vergütung der produzierten Solarstrom-Mengen vom Errichtungsdatum der Anlagen abhänge. In Zukunft werde es aber nicht nur darauf ankommen, eine Kilowattstunde Strom möglichst günstig zu produzieren, sondern auch darauf, sie möglichst günstig ins System zu integrieren. So könne ein weiterer Fotovoltaik-Zubau in Regionen von Bayern, wo bereits heute 40 Prozent der Fotovoltaik-Potenziale ausgeschöpft seien, hohe Kosten für den Ausbau des Verteilnetzes mit sich bringen. Im Gegensatz dazu stehe Berlin, wo nur 1,5 Prozent der Fotovoltaik-Potenziale genutzt würden. Zudem scheine die Sonne über Deutschland nicht einheitlich, so dass ein besser verteilter Ausbau die Solarstrom-Erzeugung vergleichmäßigen würde.

Eine gleichmäßigere Solarstromerzeugung wäre auch erreichbar, wenn neue Fotovoltaik-Anlagen nach Osten und Westen ausgerichtet würden. Dann könnten diese Anlagen ihre höchste Leistung am Vormittag und am Nachmittag erbringen. Außerdem würden sie in den Morgen- und Abendstunden länger und mehr Solarstrom produzieren. Die bisher gebauten, nach Süden ausgerichteten Sonnenkraftwerke erreichen ihre Spitzenleistungen dagegen am Mittag. Würden sie durch zahlreiche Ost-West-Anlagen ergänzt, wären die Schwankungen in der Solarstrom-Produktion geringer. Damit würden auch weniger konventionelle Kraftwerke gebraucht, um diese Schwankungen auszugleichen.

Diesen Vorteilen steht der Nachteil gegenüber, dass eine Ost-West-Anlage bei gleicher installierter Modulleistung insgesamt weniger Strom produziert als eine südlich ausgerichtete Anlage. Den jährlichen Minderertrag beziffern die Autoren der Kurzstudie mit 19 Prozent. Allerdings kann er schon durch eingesparte Systemkosten von fünf Prozent teilweise wieder ausgeglichen werden. So ist es möglich, den Wechselrichter deutlich kleiner auszulegen als bei einer Südanlage. Weitere Einsparungen lassen sich bei Solarkabeln, der Pacht, der Umzäunung und den Trägergestellen erreichen.

Aus Sicht von Investoren, die den erzeugten Solarstrom nicht selbst verbrauchen, sondern über die aktuell bestehenden Vergütungsmechanismen vermarkten wollen, rechnet sich eine Ost-West-Ausrichtung von Solaranlagen allerdings noch nicht. Ein Vorschlag der Kurzstudie lautet daher, in künftigen Ausschreibungen für Fotovoltaik-Freiflächenanlagen auch die Ausrichtung der Anlagen zu berücksichtigen.


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