Redispatch, Reservekraftwerke und Countertrading ermöglichen den virtuellen Stromtransport über Leitungsengpässe. Dazu kommt das Einspeisemanagement für Ökostrom und Kraftwärme-Kopplung. Das alles bezahlen die Stromkunden für das Jahr 2018 mit 1,44 Milliarden Euro.

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Braunkohle-Kraftwerk Lippendorf in Sachsen. Foto: Stefan Schroeter


Die Kosten für die Stabilisierung der deutschen Stromnetze sind im vergangenen Jahr 2018 leicht auf 1,44 Milliarden Euro zurückgegangen. Das berichtet die BNA Bundesnetzagentur. Im vorangegangenen Jahr 2017 hatten diese Kosten mit 1,51 Mrd. Euro einen neuen Rekordstand erreicht. Die Zahlen sind für beide Jahre noch vorläufig und werden laufend aktualisiert. Die Stabilisierungskosten fließen zunächst in die Netzentgelte und mit ihnen letztlich auch in die Strompreise für Endkunden ein.

 

Den größten Kostenblock stellen weiterhin die Maßnahmen für Redispatch und die mit ihnen verwandten Instrumente Reservekraftwerke und Countertrading. Dieser Kostenblock schlug 2018 mit insgesamt 803,0 Mio. Euro zu Buche. Das ist etwas weniger als 2017, als dafür noch 840,6 Mio. Euro anfielen.

 

Redispatch dient dem virtuellen Stromtransport über einen Leitungsengpass, wenn im Großhandel mehr Strom verkauft worden ist, als über die vorhandenen Leitungen transportiert werden kann. Dabei fahren sogenannte Marktkraftwerke vor dem Engpass ihre Stromeinspeisung herunter. Hinter dem Engpass fahren gleichzeitig andere Marktkraftwerke ihre Stromeinspeisung hoch. Reichen die dafür eingesetzten in- und ausländischen Marktkraftwerke dafür nicht aus, kommen in- und ausländische Reservekraftwerke zum Zug. Für diese Aktionen erhalten die Betreiber der Markt- und Reservekraftwerke spezielle Vergütungen. Unterstützt wird diese Praxis auch noch durch geeignete Börsengeschäfte im Stromgroßhandel, die im Fachenglisch unter „Countertrading“ laufen.

 

Kohlekraftwerke dominieren

Die Markt- und Reservekraftwerke sowie die Börsenhändler haben 2018 Einspeise-Absenkungen und -erhöhungen von insgesamt 15.529 Gigawattstunden erbracht. Welche Kraftwerksarten dabei eingesetzt wurden, hat BNA für eine Teilmenge von 11.729 GWh ermittelt, die von inländischen Marktkraftwerken und von in- und ausländischen Reservekraftwerken geleistet wurde. Bei dieser Teilmenge dominierten Braunkohle-Kraftwerke, die 42 Prozent der abgesenkten Mengen erbrachten. Für die Einspeiseerhöhungen wurden hier mit 46 Prozent vor allem Steinkohle-Kraftwerke eingesetzt.

 

BNA berichtet außerdem, dass die Einspeise-Absenkungen vor allem in Niedersachsen, Brandenburg, Sachsen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen nötig waren, um Netzengpässe zu beheben. In Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bayern gab es die meisten Einspeiseerhöhungen.

 

Für Brandenburg und Sachsen ließe sich dies beispielhaft damit erklären, dass in Ostdeutschland oft ein großer Überschuss an Wind- und Solarstrom erzeugt wird. Wenn dann gleichzeitig die Betreiber von ostdeutscchen Braunkohle-Kraftwerken ihren Strom in die süddeutschen Strommangel-Regionen exportieren wollen, entstehen Leitungsengpässe. Sie werden mit Redispatch behoben, für den die Braunkohle-Kraftwerke Brandenburgs und Sachsens ihre Stromeinspeisung absenken.

 

Ein weiterer großer Kostenblock, der für die Stabilisierung der deutschen Stromnetze anfällt, ist das Einspeisemanagement für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und aus Anlagen mit Kraftwärme-Kopplung. Dabei regeln Netzbetreiber die Stromeinspeisung aus diesen Anlagen gegen Entschädigung ab, wenn es regionale Netzengpässe gibt. Die Kosten dafür stiegen von 610,0 Mio. Euro auf 635,4 Mio. Euro, obwohl die abgeregelten Strommengen leicht auf 5.403 GWh gesunken sind.

 

Mit Abstand am häufigsten wurden Windenergieanlagen an Land abgeregelt. Auf sie entfielen 72 % der gesamten Ausfallarbeit und 54 % der geschätzten Entschädigungsansprüche. Weitere 25 % der Ausfallarbeit und 42 % der Entschädigungsansprüche wurden für WEA auf See verbucht.