In den ersten acht Monaten des Jahres ist im Freistaat kein Windrad mehr in Betrieb gegangen. Bis Jahresende kommen nur noch wenige hinzu. Die Ursachen dafür liegen in der Landespolitik und in Widerständen vor Ort.

Windpark Leipzig Sued 082017 gross

Windpark im Leipziger Südraum. Archivfoto 2017: Stefan Schroeter


Der Ausbau der Windkraft in Sachsen ist im laufenden Jahr 2019 nahezu zum Stillstand gekommen. Wie der Döbelner Experte Hans-Jürgen Schlegel am Freitag bei der Mitgliederversammlung des Bundesverbandes Windenergie in Leipzig berichtete, sind  derzeit landesweit 898 Windenergie-Anlagen mit einer Nennleistung von insgesamt 1.265 Megawatt installiert. Das sind zwei WEA und 11 MW mehr als zum Jahresende 2018. Sie seien erst im September in Betrieb gegangen. Schlegel rechnet damit, dass die Zahl der sächsischen WEA bis zum Jahresende 2019 noch geringfügig auf 900 steigt.



Im bundesweiten Vergleich steht Sachsen bei der Windenergienutzung unter 16 Ländern inzwischen an zwölfter Stelle. Dahinter liegen nur noch das kleine Saarland und die drei Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin. Schlegel zog einen Vergleich zwischen Schleswig-Holstein und Sachsen. Danach verfügt das windreiche Küstenland über eine etwas kleinere Fläche und etwas weniger Einwohner. Es hat aber viermal so viele Windräder installiert, die sogar über eine fast sechsmal so hohe Leistung verfügen wie die sächsischen Anlagen.



Die Ursachen für die langjährige Stagnation der sächsischen Windkraft liegen vor allem in der Landespolitik und in Widerständen vor Ort. So hat die Regionalplanung bisher zu wenige sogenannte Vorrang- und Eignungsflächen ausgewiesen, auf denen Windräder gebaut werden können. Hinzu kommen Höhenbeschränkungen für Anlagen, die in der Nähe von Wohngebieten errichtet werden. Einen gewissen Fortschritt könnten neue Regionalpläne bringen, die schon für die Jahreswende 2018/2019 angekündigt waren, bisher aber noch nicht vorliegen.



Um langfristig eine größere Ökostrom-Produktion zu ermöglichen, müsste die Landesregierung zunächst ein neues Energie- und Klimaprogramm erarbeiten. Das hatte sich die bisherige Koalition aus CDU und SPD vor fünf Jahren auch vorgenommen, konnte sich dann aber doch nicht darauf einigen. Die nächste Regierungskoalition, für die derzeit Sondierungsgespräche zwischen CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen laufen, müsste also einen neuen Anlauf dafür nehmen.



Für den Ausbau der Windkraft ist auch die Akzeptanz vor Ort eine wichtige Voraussetzung. Wie die Konfliktforscherin Eva Eichenauer vom Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung berichtete, ist der Protest gegen neue Windräder oft größer als gegen neue Umgehungsstraßen. Ihre Untersuchungen haben ergeben, dass die protestierenden Bürger oftmals kein Vertrauen mehr zu Behörden und offiziellen Informationen mehr haben, sich mit ihren Einwänden nicht ernst genommen und ungerecht behandelt fühlen. Oft sehen sie in den Windrädern nur eine Belastung, aber keinen konkreten Nutzen für sich selbst.



Eichenauer empfahl den Windkraftplanern und -betreibern deshalb, auf die Anliegen der Menschen vor Ort einzugehen und ihnen entsprechende Angebote zu machen. Als Beispiele dafür nannte sie Ausgleichsmaßnahmen wie Fahrradwege und günstige lokale Energieangebote, von denen jeder Anwohner etwas hat.