Der Energieträger ist hierzulande ausreichend verfügbar und wird in einem sicheren Leitungsnetz transportiert, berichtet Verbundnetz Gas. Die jahrzehntelang bewährten Untergrund-Gasspeicher tragen dagegen nicht mehr zur Versorgungssicherheit bei, sondern nur noch zur Optimierung des Gashandels.


Die Verfügbarkeit von Erdgas ist in Deutschland nach Einschätzung des Erdgas-Großhändlers VNG Verbundnetz Gas langfristig ausreichend gewährleistet. Über das europäische Ferngasleitungs-Netz gebe es gut ausgebaute Verbindungen zu den traditionellen Produzenten in den Niederlanden, Norwegen und Russland, sagte VNG-Technikvorstand Hans-Joachim Polk gestern auf der Tagung „Erdgas-Umwelt-Zukunft“ in Leipzig. Hinzu kämen zunehmende Mengen Flüssigerdgas (Englisch: Liquefied Natural Gas – LNG), die aus Ländern wie Katar, Nigeria und künftig auch Mosambik per Tankschiff nach Europa geliefert würden.

Zwar gebe es in Deutschland bisher kein größeres LNG-Terminal, in dem diese Tankschiffe entladen werden könnten. Doch über das europäische Pipelinenetz sei regasifiziertes LNG aus den bestehenden Terminals in Spanien, Italien und den Niederlanden erreichbar. Polk rechnet auch damit, dass sich die Preise für regasifiziertes LNG und für leitungsgebundenes Erdgas angleichen werden. „Bei der Masse an Volumen, das an LNG verfügbar ist, werden die Preise purzeln“, sagte der VNG-Vorstand. „LNG wird mehr und mehr in Richtung Erdgaspreis aus der Pipeline kommen.“

Die Versorgungssicherheit für Erdgas in Deutschland bezeichnete Polk als sehr hoch. Neben der ausreichenden Verfügbarkeit des Energieträgers führte er dies auch auf einen hohen technischen Stand des Gasnetzes zurück. Die Netzbetreiber seien außerdem verpflichtet, das Gasnetz stabil zu halten. Dazu würden sie mit den Händlern vertraglich einen sicheren Gasfluss vereinbaren. In kritischen Situationen könnten Gas-verbrauchende Unternehmen aufgefordert werden, ihre Anlagen abzuschalten, damit geschützte Verbraucher weiter versorgt werden können. Zu den geschützten Verbrauchern zählen Polk zufolge vor allem Haushalte, während Krankenhäuser, Polizei und Militär nicht dazu gehörten. Hier gebe es noch viel Klärungs- und Regelungsbedarf, sagte der VNG-Vorstand.

 

Leere Speicher

Die ebenfalls gut ausgebauten Untergrund-Speicher tragen dagegen nach Polks Einschätzung nicht mehr zur Versorgungssicherheit bei. Zwar verfüge Deutschland mit 23,8 Milliarden Kubikmetern über die weitaus größte Speicherkapazität in Europa. Doch das jahrzehntelang bewährte Modell, dass die Speicher im Sommer das von den Produzenten gelieferte Erdgas für den Winter einlagerten, sei inzwischen zusammengebrochen. Durch LNG sei nun auch im Winter genügend Erdgas verfügbar, und auch die früher voll ausgelasteten Pipelines aus Russland seien durch die neue Ostsee-Ferngasleitung Nord Stream flexibler geworden. Schließlich habe der diskriminierungsfreie Zugang für Händler dazu geführt, dass die Speicher nur noch als Zwischenspeicher dienen, um Preisschwankungen des Energieträgers auszunutzen.

Auf diese Händlerpraxis führte es der VNG-Vorstand auch zurück, dass im vorigen Jahr nach einem milden Winter gegen Ende Februar die deutschen Erdgasspeicher fast leer waren. Die Händler hätten die Speicher leer gefahren, um eine absehbare Preissenkung für russisches Erdgas ausnutzen zu können. „Das war ein typisches Beispiel dafür, dass die, die im Moment die Speicher nutzen, kein Interesse an Versorgungssicherheit haben“, sagte Polk. „Das ist nicht deren Geschäftsmodell.“ Der sogenannte Versicherungswert der Speicher wird nach seinen Worten derzeit nicht berücksichtigt oder vergütet. Der Versicherungswert bestehe darin, dass Speicher eine gewisse Menge Erdgas für den Fall vorhalten, dass es am Ende des Winters noch einmal zu einem Kälteeinbruch kommt.

 

Grenzkosten?

VNG selbst betreibt mit seiner Tochtergesellschaft VNG Gasspeicher mehrere Untergrund-Gasspeicher mit einer Gesamtkapazität von 2,7 Mrd. m³. Dass VNG Gasspeicher derzeit mit dem russischen Energiekonzern Gasprom einen neuen Untergrund-Gasspeicher in Bernburg baut, begründete Polk mit dem strategischen Interesse des Partners, seine europäischen Kunden aus eigenen Speichern sicher beliefern zu können. „Nur so rechnet sich überhaupt noch ein Neubauprojekt“, sagte er. „Ansonsten ist die Entwicklung von neuen Speichern auch tot“, sagte er. Derzeit würden eher Gasspeicher stillgelegt, wie auch zuletzt in einem Fall bei VNG. „Wir können die Speicher nur noch an den Grenzkosten betreiben.“

Ein Blick in den letzten vorliegenden Jahresabschluss 2014 des Tochterunternehmens lässt die Situation dann doch nicht ganz so dramatisch erscheinen. Danach erwirtschaftete VNG Gasspeicher mit 133 Mitarbeitern einen Umsatz von 180 Millionen Euro und einen Gewinn von 34 Mio. Euro. Das entspricht immerhin einer stolzen Umsatzrendite von 19 Prozent.


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