Die Umweltorganisation fordert, mehr alte Kohlekraftwerke abzuschalten und nimmt dabei das älteste deutsche Braunkohlekraftwerk ins Visier. Dabei ist nur wenig bekannt über den spezifischen Kohlendioxid-Ausstoß, mit dem es Strom, Dampf und Fernwärme produziert.


Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace haben heute das Braunkohlekraftwerk Deuben in Sachsen-Anhalt besetzt und die Abschaltung alter Kohlekraftwerke gefordert. Dabei hissten sie zunächst ein Banner mit der Aufschrift „Coal Kills“ (Deutsch: „Kohle tötet“) am Schornstein des Kraftwerks, das vom Braunkohleförderer Mibrag betrieben wird. Am Mittag platzierten sie dann für eine Stunde einen riesigen symbolischen Korken auf dem Schornstein. Wie Greenpeace-Energieexperte Tobias Riedl berichtete, handelte es sich dabei um einen Heißluftballon, der mit Seilen in die Abgase bewegt wurde. Der Kraftwerksbetrieb sei dadurch nicht beeinträchtigt worden, sagte Riedl.

An der Aktion, die am Morgen um 6.30 Uhr begonnen hatte und bis zum Einbruch der Dunkelheit am Abend dauern sollte, beteiligten sich 100 Kohlegegner aus Deutschland, Schweden und Tschechien. Neben der Schornstein-Besetzung demonstrierten sie auch am Eingang des Kraftwerks mit einem riesigen Transparent für die Abschaltung von Kohlekraftwerken. Zu Auseinandersetzungen mit dem Werkschutz oder der Polizei kam es dabei Riedl zufolge nicht. Die Polizei habe lediglich die Personalien der Demonstranten aufgenommen.

Mibrag selbst kündigte an, Anzeige wegen Hausfriedensbruch zu stellen. Die Braunkohlegegner hätten unbefugt ein abgesichertes Betriebsgelände betreten und die Betriebsabläufe massiv beeinträchtigt, hieß es in einer Mitteilung auf der Webseite des Unternehmens. Eine direkte Anfrage zu diesem Thema hat Mibrag bisher nicht beantwortet.

 

Altes Kraftwerk

Anlass der Greenpeace-Aktion ist, dass das Bundeskabinett morgen über die sogenannte Sicherheitsbereitschaft für Braunkohlekraftwerke entscheidet. Damit sollen insgesamt neun ältere Kraftwerksblöcke mit insgesamt 2,7 Gigawatt Stromleistung schrittweise stillgelegt werden, zeitweise aber noch in einer von den Stromkunden zu bezahlenden Bereitschaft bleiben. Nach Ansicht von Greenpeace reichen diese Stilllegungspläne bei weitem nicht aus, um das Ziel zu erreichen, den Kohlendioxid-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Dazu müssten dreimal so viele Kohlekraftwerke abgeschaltet werden, glaubt die Organisation.

Das Kraftwerk Deuben hatte Greenpeace für die Aktion ausgewählt, weil es bereits 1936 erstmals den Betrieb aufgenommen hatte und damit als ältestes deutsche Braunkohlekraftwerk gilt. Allerdings ist es seitdem mehrmals modernisiert worden, zuletzt in den 90er Jahren, als es mit Anlagen zur Rauchgas-Entschwefelung und -Entstaubung ausgerüstet wurde. Derzeit wird eine Entstickungsanlage nachgerüstet und der Abscheidegrad der Rauchgas-Entschwefelungsanlage erhöht. Das Kraftwerk produziert nicht nur Strom überwiegend für Mibrags Tagebaubetrieb, sondern auch Dampf für die benachbarte Produktion von Braunkohlestaub und -briketts. Außerdem liefert es Fernwärme an gewerbliche und private Kunden.

 

Spezifischer Kohlendioxid-Ausstoß

Das Deubener Kraftwerk gilt eigentlich schon seit Jahren als Stilllegungs-Kandidat. Mibrag hatte vor, es gemeinsam mit zwei weiteren kleineren Kraftwerken in Mumsdorf und Wählitz abzuschalten und durch einen größeren Kraftwerks-Neubau am Tagebau Profen zu ersetzen. Doch diese Neubaupläne haben sich inzwischen zerschlagen.

Über den CO2-Ausstoß, den das Kraftwerk Deuben tatsächlich verursacht, ist wenig bekannt. Riedl kennt eine Zahl aus dem Jahr 2012, wonach hier die Produktion einer Kilowattstunde Strom einen spezifischen CO2-Ausstoß von 1.800 Gramm verursachen soll. Das wäre über die Hälfte mehr als der spezifische CO2-Ausstoß des niedersächsischen Kraftwerks Buschhaus, das Mibrag demnächst in die Sicherheitsreserve einbringt. Allerdings gilt diese Zahl nur für die Stromproduktion. Würde auch die damit gekoppelte Dampf- und Fernwärmeproduktion berücksichtigt, wäre die Deubener CO2-Bilanz wahrscheinlich günstiger. Doch dafür liegen keine Zahlen vor.

Greenpeace selbst hatte bereits vor einem Monat versucht, mit Mibrag ins Gespräch zu kommen. Wie Riedl berichtete, waren damals Aktivisten der Organisation mit einem Heißluft-Ballon über das Kraftwerk Deuben geflogen und hatten danach die Unternehmenszentrale aufgesucht, wurden aber nicht zur Geschäftsführung vorgelassen.